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Nation: | Schweiz |
von Heinz Hug
Marcel Konrad gehört zu den von einem Thema ,besessenen‘ Schriftstellern; wo sie auch beginnen, immer führt sie der schöpferische Prozeß zum Ausgangspunkt zurück. In seinem ersten Roman „Stoppelfelder“ (1983) erzählt die Ich-Figur ihre Geschichte von den pubertären Erfahrungen auf dem väterlichen Hof bis kurz vor ihrer Hinrichtung, zu welcher sie wegen der Vergewaltigung und Ermordung einer Frau verurteilt wird.
Der Stoff gerät nicht zur lapidaren Geschichte vom Verbrecher mit der lieblosen Jugend; Konrad formt daraus einen Roman, der die reichhaltigen erzählerischen Darstellungsmöglichkeiten auslotet: ein von klassizistischen bis zu vulgären Formen reichendes stilistisches Spektrum, eine sinnliche, wuchernde, nur selten beschreibende oder reflexive Sprache, die weitgehend auf verallgemeinernde Begriffe verzichtet. In der komplexen Erzählstruktur dominieren zwei Ebenen: die kontinuierlich erzählte, je nur wenige Tage umfassende Zeit in der Familie und die Zeit im Gefängnis; eingeschoben und punktuell stehen die Ereignisse dazwischen. Diesem ,realen‘ Erzählbereich kontrastiert eine traumhafte Geschichte: der Ich-Erzähler als umhegter Liebhaber einer Frau – ein Märchen, das sich auch von jenen Phantasiegebilden des Jungen in den Hof-Episoden abhebt, mit denen er sich der totalen Vereinnahmung durch den Vater, „unser aller Peiniger“, verweigert. Die ...