Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Erhard Schütz und Axel Ruckaberle
Stand: 15.09.2016
„Soll ich nun auch beantworten, warum ich erst seit dem vierzigsten Jahr schreibe? Weil ich erst mal die bürgerlichen Ängstlichkeiten beruhigen mußte, mit Ausbildung, Familie und Beruf? Weil die Jahre der Literaturkritik zunächst wichtiger waren? Und weil ich mehr als zwei Jahrzehnte lang überzeugt war, ich müßte Musik erfinden und keine Geschichten.“ („Im deutschen Urwald“, 1978) Jürgen Lodemanns Antwort auf die selbstgestellte Frage schließt ein, dass erst die Veröffentlichung des ersten Romans der Beginn ‚richtigen‘ Schreibens sei, die literaturkritischen und medienpraktischen Arbeiten hingegen vorher bloß ‚Brotberuf‘ waren. Abzulesen ist ihr auch die Fixierung des Autors Lodemann auf Bürgerlichkeit, auf deren Zwänge (z. B. eines ‚ordentlichen‘ Lebenslaufs) und auf deren Tugenden, wie er sie in seiner Dissertation 1961 beschrieben hat: Darin signalisiert der Komponist Lortzing nicht nur Lodemanns musikalische Neigung und liefert eins der Leitmotive seiner Romane, sondern vertritt auch eine vergangene Wunschfigur: den liberal-urbanen, musischen Bürger mit dem emphatischen Blick für ‚die da unten‘ – erfolglos als Autor und verkannt von der Kritik, aber erfolgreich und populär und immer noch wiederzuentdecken in seinem Werk. In dieser Sehnsucht zeigt sich ...