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Nation: | Frankreich |
von Ottmar Ette
Roland Barthes ist das wohl fruchtbarste Skandalon in der französischen Literaturwissenschaft und Literaturkritik des 20. Jahrhunderts, und er markiert zugleich zweifellos einen der anregendsten und deutlichsten Einschnitte (Incidents) der Literatur Frankreichs in diesem Jahrhundert. Sein Werk ist umfangreich: Nach Angaben einer neueren Bibliographie umfaßt es neben 24 Buchpublikationen mehr als 450 weitere Veröffentlichungen. Wer von einer Einheit des Barthesschen Œuvre spricht – und genau von dieser These geht die vorliegende Darstellung aus –, kann nur eine Einheit in einer verwirrend scheinenden Vielfalt meinen. Wenn es eine Metapher für das Gesamtwerk gibt, so ist es die einer zentrifugalen Bewegung ohne eigentliches Zentrum. Es sei denn, man stellt den Titel eines Aufsatzes aus den siebziger Jahren über Lukanus in diesen Leerraum und erfüllt ihn dadurch mit Leben: Im Zentrum steht dann die Lektion Barthes', eine ,Lektion der Aufrichtigkeit’.
Das Aufzeichnen grundlegender Entwicklungslinien muß zwangsläufig Reduktion bleiben, doch eine Reduktion, die sich der Hinweise Roland Barthes' selbst bedient. So sagte er anläßlich eines Vortrags am Collège de France 1978 in Paris: “Ich begebe mich in die Position desjenigen, der etwas macht und nicht ...