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Nation: | Polen |
von Georg Mrugalla
Stand: 15.10.2024
Paweł Huelles Roman „Weiser Dawidek“ (1987), das, obwohl umstritten, bedeutendste polnische Debüt des Jahrzehnts, ist ein Markstein: er kündigte das Ende der gesellschaftspolitisch engagierten Oppositionsliteratur an und leitete den literarischen Erneuerungsprozess ein, der sich nach Auflösung des Einparteiensystems 1989 in Polen vollzog. Die Ende der 1980er Jahre in Polen einsetzende Demokratisierung implizierte auch eine erweiterte Rolle der Literatur im gesellschaftlichen Leben des Landes. Nicht nur Texte, die die politische Information in den Vordergrund stellten und den ethisch-moralischen Verfall der totalitären Staatssysteme dokumentierten, konnten Daseinsberechtigung beanspruchen, sondern auch literarische Werke, die – ähnlich dem Debüt von Paweł Huelle – die dargestellte Welt als einen Sinnkosmos präsentieren, dessen Inspirationsquelle die Erinnerung und die Imagination ist.
Im Vordergrund von „Weiser Dawidek“ steht der Versuch des Ich-Erzählers Heller, die Umstände des mysteriösen Verschwindens eines zwölfjährigen Waisenkindes, Weiser Dawidek genannt, ins Gedächtnis zu rufen und den „richtigen“ Ablauf und die „wahren“ Gründe des rätselhaften Geschehens, das mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegt, zu rekonstruieren.
Berichtet wird aus zwei Zeitabschnitten. Der erste behandelt die Jugendjahre des Erzählers und der Hauptfigur. Erzählt wird, dass Weiser Dawidek wegen seiner schmächtigen ...