Geburtstag: | |
Nation: | Südafrika |
von Ingo Käthner
Stand: 15.05.2023
In der Konfrontation mit den Folterern „habe ich die Wörter Folter … Folterer vor mich hingesprochen, aber es sind fremde Wörter, und je öfter ich sie wiederhole, desto fremder werden sie, bis sie wie Steine auf meiner Zunge liegen“, stellt der Ich-Erzähler und Protagonist, Richter eines Grenzdistrikts des Reichs, in dem Roman „Warten auf die Barbaren“ (1980) fest. Solche Reflexionen über die Sprache, über ihr Unvermögen, die grausame Banalität des Bösen in Worte zu fassen, ziehen sich thematisch durch dieses Hauptwerk Coetzees. Es fehlen die Worte, das auszudrücken, was Menschen Menschen anzutun in der Lage sind. Die Sprache reicht an das Grauen nicht heran. „Manchmal hat jemand geschrien. Wahrscheinlich hat man sie geschlagen. Als mein Dienst um war, bin ich gegangen.“ So antwortet ein Soldat, der bloß Wache zu stehen hat, auf die Frage des Richters, der auf eigene Faust den Folterern auf die Spur zu kommen sucht. Die Haltung ist allzu bekannt: Der Zeuge hat nichts gesehen, ist froh, nichts Genaues zu wissen, will nicht hineingezogen werden. Dem Schriftsteller, der über Unterdrückung und Folter schreibt, stellt sich die ...