Schon in seinem Debütroman „Abschied von Atocha“ (2011) demonstriert Ben Lerner Feingefühl für die geschickte Verwischung von Fiktionalem und Realem. Der Roman bedient sich den Konventionen des beliebten Genres der Autofiktion, doch ist Ben Lerner eher an Fragen des Zusammenspiels von Literaturgattungen gelegen als an einer Diskussion der Entfremdung des literarischen Selbst und des Lesers. So entfaltet sich in „Abschied von Atocha“ insbesondere die Verwebung von Gedicht und Roman.
In Lerners Erzählung zieht es einen jungen Poeten namens Adam Gordon für ein Jahr nach Madrid, um in der spanischen Hauptstadt ein renommiertes Literaturstipendium anzutreten. Adam will dieses Forschungsjahr für sich nutzen, um ein Langgedicht über das literarische Erbe des Spanischen Bürgerkrieges zu verfassen. Adam ist hochbegabt, dabei kalkulierend und prätentiös, aber auch tiefsinnig und sensibel. In Madrid sucht er ein Gegengift zur medialen und politischen Entfremdung des 21. Jahrhunderts, die er in den USA erfährt. Er sucht reale, unmittelbare Erfahrungen, die sich nicht durch Sprache, Medien, oder Übersetzungen übertragen oder verzerren lassen. Voller Tatendrang, diese Erfahrungen zu finden, betrübt ihn aber die Suche danach in Kunst, Sex und Sprache ...