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Nation: | Italien |
von Renate Giacomuzzi-Putz
Moravias Werk ist eine sich über sechzig Jahre hin erstreckende Studie über das Verhältnis des Menschen zur gesellschaftlichen Wirklichkeit im zwanzigsten Jahrhundert. Die erste Veröffentlichung, die Erzählung “La cortigiana stanca” (Die müde Kurtisane), erschien 1927 in der französischen Ausgabe der Zeitschrift “Novecento” unter dem Titel “Lassitude de courtisane”. Seine letzte Veröffentlichung, eine Autobiographie in Form eines Interviews mit seinem Freund, dem französischen Schriftsteller Alain Elkann, erschien kurz nach seinem Tod (“Vita di Moravia. Ein Leben im Gespräch”, 1990).
Seit seinem ersten Roman “Die Gleichgültigen” (1929) läßt sich jedes seiner Werke als Schnittpunkt einer werkimmanenten Entwicklung und eines direkten Zeitbezugs verstehen. Ahistorisch in dem Sinne, daß Moravia kaum einmal über seine Zeit hinausführende Bezugspunkte in der Vergangenheit oder Zukunft suchte, ist jedes einzelne Werk eine spontane Reflexion der gesellschaftlichen Ereignisse in Italien seit der Zeit des Faschismus. Moravia war stets überzeugt davon, daß der Schriftsteller wie jeder Intellektuelle die “geradezu berufliche Pflicht hat, bis auf den Grund der Realität vorzudringen” (“Opere 1927–1947”, Werke 1927–1947, 1986). Diese Realität, die er mit Hilfe marxistischer und psychoanalytischer Interpretationsmodelle stets für erkennbar hielt, stellte sich ...