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Nation: | Tschechische Republik |
von Eckhard Thiele
Stand: 01.06.2004
Das Ende des spätstalinistischen Regimes in der Tschechoslowakei 1989/90 hat das „bewundernswerte, nahezu starrköpfig anmutende und nun doch wunderbarerweise erfolgreiche Verhalten eines Václav Havel“ (Günter Grass) in den Rang des Unanfechtbaren erhoben. Wer – zumal von den deutschen Intellektuellen – mag sich heute der Zweifel erinnern, die in den mehr als zwanzig Jahren des scheinbar aussichtslosen Widerstands tschechischer Intellektueller, allen voran Václav Havels, aufgekommen waren: Hat kompromißlose Unbeugsamkeit Sinn? Führt sie nicht, im Gegenteil, zum Verzicht auf die vielgelobten „kleinen Schritte“, die dem real existierenden Sozialismus ein „menschliches Antlitz“, gemäß der unvergessenen Losung des „Prager Frühlings“ von 1968, zu bringen versprachen?
Wenig beachtet wurde dabei, welche Philosophie Havels Versuch, in der Wahrheit zu leben, zugrunde lag. Der Essay „Moc bezmocných“ (Macht der Machtlosen, 1978), dessen deutsche Ausgabe 1980 unter dem programmatischen Titel „Versuch, in der Wahrheit zu leben“ erschien, bot Einblick in Havels ethisches Denken und in die Praxis seiner politischen Tätigkeit. Daß der Begriff „Wahrheit“ auch den Kern seiner literarischen Arbeit bezeichnet, liegt auf der Hand; gleichwohl harrt dies ebenso der gründlicheren Kenntnisnahme wie die philosophische ...