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Nation: | Frankreich |
von Hans-Günther Brüske
Stand: 01.05.1997
Die Renaissance der Beschäftigung mit Jean Genet zu Beginn der 80er Jahre, d. h. der Wandel der Haltungen und Meinungen ihm und seinem Gesamtwerk gegenüber, stellt keine Selbstverständlichkeit dar. Obschon er die Nachkriegsliteratur geprägt hat, ist dieser (Skandal – ?) Autor kein Klassiker der französischen Literatur. Genets Aktualität beruht darauf, daß er sowohl als Kontrast zu einer sich ruhigbürgerlich gebenden Welt mitsamt einer Kultur ohne extreme Ausschläge fungiert, als auch mit seiner persönlich bedingten Rechtfertigungskonzeption Argumente für parallele Kulturen liefert, für die Marginalität als Ergänzung des Anerkannten. Die – in einer spannungslosen Gesellschaft und Zeit sicher verstärkt auftretende – Sehnsucht nach Risiko und Abenteuer wird von Genet literarisch aufgegriffen, thematisiert, und Wege für mögliche Befriedigungen dieser Sehnsucht werden aufgezeigt. Diese Feststellungen gelten zumindest in bezug auf seine Romane; die darin enthaltene Rechtfertigung der Absonderung macht ihren bleibenden Wert aus. Mit einer Art „certitudo salutis“ findet sich dieser Rechtfertigungsimperativ bei Genet immer wieder: „Der Mensch kann nicht ohne Rechtfertigung leben und er findet in seinem Gewissen (seinem Bewußtsein) immer Mittel und die Möglichkeit, sich vor sich selbst zu rechtfertigen“, ...