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Nation: | Brasilien |
von Ronald Graetz
Stand: 01.04.1989
Rubem Fonseca lebte in Rio de Janeiro, und diese Stadt bildet auch den Hintergrund seiner Geschichten und die ‚soziale Folie‘, auf der die meisten seiner Figuren agieren. Kristallisationspunkt seiner Literatur ist die Erfahrung einer heterogenen, gewalttätigen, ökonomisch zutiefst ungerechten, sozial und kulturell entfremdeten Gegenwart. Mit beißendem Humor und spielerischer, aber scharfer Ironie – typischen Stilmitteln seiner Literatur – beschrieb er alltägliche Situationen im Leben der Menschen dieser Stadt. Ihre Fähigkeit, am ökonomischen und psychischen Elend zu leiden, stößt dabei immer wieder an die Grenzen des für sie Ertragbaren. Von einem bestimmten Punkt an weckt die individuelle Existenznot Selbsthilfemechanismen, die sich über öffentliche Ordnungsregeln hinwegsetzen: Eine Explosion von Gewalt und Brutalität ist die Folge. Nicht selten ist es gerade die etablierte Rechtsordnung (Fonseca war ausgebildeter Jurist), die ihre moralische Legitimation verliert, wenn sie einen Teil der Bevölkerung zugunsten eines anderen materiell und sozial benachteiligt. Fonseca zeichnete mit mitleidloser Offenheit das Röntgenbild einer ebenso mitleidlosen Gegenwart.
Angesichts der krassen sozialen Diskrepanzen in Brasilien ist auch die Stellung und Funktion des Schriftstellers und der Literatur nur im Hinblick darauf zu ...