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Nation: | Russland |
von Margrit Breuer
Stand: 01.06.2000
Die Frage nach der Darstellbarkeit einer immer unfassbarer und diffuser werdenden Wirklichkeit war ein wesentlicher Diskussionspunkt russischer Gegenwartsliteratur und Philosophie. Angesichts des unübersehbaren Wertezerfalls und des Zusammenbruchs ideologischer Fassaden hatten sich traditionelle literarische Ausdrucksformen weitgehend erschöpft. Seit seinen Anfängen in den 1960er Jahren war es besonders Andrej Bitov, der auf der Suche nach einer Bewältigung dieses Dilemmas in seiner Prosa, seinen Reiseberichten und Essays ein hochsensibles Gespür für den Zeitgeist bewies und durch die Abkehr von erstarrten Erzählformen und Denkschemata immer wieder neue, unkonventionelle Maßstäbe innerhalb der russischen Literatur setzte. Auf der Suche nach adäquaten Darstellungsmöglichkeiten existenzieller Fragen plädierte er in seiner Prosa für die Aufhebung der Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit, Realem und Imaginärem, Vergangenheit und Gegenwart. Eine deutliche Öffnung für westliche Kulturströmungen und die Rückbesinnung auf die klassische russische Literatur, aber auch auf die russische Avantgarde bestimmen dabei das Bild seiner Prosa. Beeinflusst zeigte er sich von Michail Zoščenko, Osip Mandelʼštam und Laurence Sterne, vor allem aber ist es Aleksandr Puškin, dessen Modernität er immer wieder betonte. „So oder so, es gibt ...