Geburtstag: | |
Nation: | Marokko |
von Roland Spiller
Stand: 01.10.2005
Eine von Tahar Ben Jelloun bevorzugte Metapher ist der Baum. Als Sinnbild des Verhältnisses zwischen Modernität und Tradition, zwischen Entwicklung und Erinnerung steht er für die komplexe Problematik der Ent- und Verwurzelung. Das Erinnern, die Arbeit des Gedächtnisses und die Suche nach den Wurzeln führen in die Vergangenheit und damit zu den Wunden der persönlichen und der kollektiven Geschichte. Der Baum ist gleichzeitig eine Metapher zweiten Grades, die seine Gedächtnisliteratur charakterisiert wie keine andere. Als solche enthält sie nicht nur ein Bekenntnis zu den marokkanischen Wurzeln, sondern auch zur französischen Sprache und zu den sich zur Welt hin öffnenden Verästelungen der Literatur.
Wie die Metapher vom Baum andeutet, beruht die Schreibweise Ben Jellouns weniger auf abstrakten Ideen und logischer Präzision als vielmehr auf Bildern. Seine oft ambivalente und sinnliche Metaphorik wirft trotz einer zuweilen derben Körperlichkeit Licht auf die Seelenlandschaften und die Abgründe, die hinter den Erscheinungen der materiellen Welt liegen. Diese faßbare Bildlichkeit ist in der Plastizität der poetischen Sprache zuhause. Seine Texte oszillieren zwischen Lyrik und Prosa. Poetische Passagen sind ebenso charakteristisch für seine Romane wie für ...