Fritz Selbmann
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Internationales Biographisches Archiv
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW
Fritz Selbmann wurde am 29. Sept. 1899 in Lauterbach (Hessen) geboren. Sein Vater war Kupferschmied. S. besuchte die Volksschule und arbeitete anschließend von 1915-17 im Ruhrbergbau in Bochum und Bottrop. Als 16jähriger trat er einer Gewerkschaft bei. Ab 1917 war er Soldat im Ersten Weltkrieg.
Im Nov. 1918 gehörte S. einem Soldatenrat an. Im Jahre 1920 trat er den Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) und zwei Jahre später der Kommunistischen Partei bei. 1923 befand er sich zunächst vorübergehend in französischer Schutzhaft und wurde dann wegen seiner aktiven Mitwirkung im großen Bergarbeiterstreik zu zehn Monate Gefängnis wegen Landfriedensbruchs verurteilt. Nach Verbüßung der Strafe war er 1925 im Ruhrgebiet Leiter des "Roten Frontkämpferbundes" und Mitglied der Bezirksleitung Ruhrgebiet der KPD. 1928 wurde er Abgeordneter des Rheinischen Provinziallandtags, 1930 Bezirksleiter der KPD in Oberschlesien, zugleich Mitglied des Preußischen Landtags. 1931-33 amtierte er als KPD-Bezirksleiter in Sachsen und vertrat von 1931-1933 seine Partei auch im Reichstag.
Im Aug. 1933 wurde S. verhaftet. Die 12 Jahre bis 1945 verbrachte er im Zuchthaus und im Konzentrationslager, vornehmlich in Buchenwald und Flossenbürg. Im April 1945 floh er aus dem KZ nach Leipzig.
Nach 1945 war S. zunächst Präsident des sächsischen Landesarbeitsamtes, bis er im Aug. 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht als Vizepräsident an die Spitze der sächsischen Landesverwaltung gestellt wurde. 1946 wurde er Mitglied des sächsischen Landtags und übernahm im gleichen Jahr das sächsische Wirtschaftsministerium. Mit Gründung der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) wurde er 1948 deren stellv. Vorsitzender (bis 1949).
In die Provisorische Regierung Grotewohl vom 12. Sept. 1949 trat S. als Industrieminister ein. Nach Aufteilung des Industrieministeriums nach sowjetischem Vorbild übernahm S. 1950 das Ministerium für Schwerindustrie, Ende 1951 das für Erzbergbau und Hüttenwesen und von 1953-55 wieder das Ministerium der Schwerindustrie.
Bei den Ereignissen am 17. Juni 1953 in Berlin versuchte S. die aufgebrachten Arbeiter vor den Ministerien in der Leipziger Straße durch eine Ansprache zu beruhigen, wurde jedoch niedergeschrien und daran gehindert, seine Rede zu beenden.
Nach Beruhigung der politischen Lage gewann S. politisch an Gewicht und gehörte von 1954-1958 als Mitglied dem ZK der SED an. Von 1950-63 war er auch Volkskammermitglied. Am 24. Nov. 1956 rückte S. zum stellv. Vorsitzenden des Ministerrates und Vorsitzenden der Kommission für Industrie und Verkehr beim Präsidium des Ministerrates auf.
Mitte Febr. 1958 jedoch wurde S. stellv. Vorsitzender der Staatlichen Plankommission mit der besonderen Verantwortung für die Materialverteilung. Der ziemlich bescheidene Posten bedeutete eine politische Kaltstellung, nachdem S. im Zeichen der Moskauer Entstalinisierung und des folgenden Machtkampfes zwischen Chruschtschow und Malenkow, der sich auch in der SED spiegelte, für kurze Zeit zur Regierungsspitze hatte aufsteigen können. S. sei "überheblich, arrogant und verletzènd", hieß es parteiamtlich, "Managertum" wurde ihm vorgeworfen und indirekte Unterstützung der Schirdewan-Oelßner-Gruppe, die Ulbrichts Taktik in der deutschen Frage nicht hatte mitmachen wollen.
Mitte Juli 1958 und erneut im Sept. 1959 unternahm S. vor dem SED-Politbüro Versuche zur politischen Rehabilitierung durch Selbstkritik. Man beließ ihn jedoch auf seinem Abstellgleis, bis man ihn 1961 als stellv. Vorsitzenden in das Präsidium des Volkswirtschaftsrats holte, wo er bis 1964 tätig war. Danach war er Leiter der Kommission für wissenschaftlich-technische Dienste bei der staatlichen Plankommission.
S. ist auch schriftstellerisch hervorgetreten. 1961 erschien "Die lange Nacht", ein Roman aus der Welt der KZ, 1962 der Roman "Die Heimkehr des Joachim Ott", der in der Ostzone zwischen 1945 und 1952 spielt. Die Bücher haben vor allem als Augenzeugenberichte und politische Schlüsselromane eine gewisse Bedeutung. Im Mai 1963 fand am Weimarer Nationaltheater die Uraufführung seines ersten Bühnenstücks "Ein Mann und sein Schatten" statt. Als Erzählung war das Stück schon 1962 erschienen, auch schon in einer Fernseh-Fassung. 1969 wurde er Vizepräsident des DDR-Schriftstellerverbandes.
1969 erschien S.s Erinnerungsbuch "Alternative-Bilanz-Credo- Versuch einer Selbstdarstellung". Im selben Jahr gab er das Buch "Die erste Stunde" heraus.
Am 26. Januar 1975 starb S. im Alter von 75 Jahren in Ostberlin.
1999: