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Nation: | Schweiz |
von Kathrin Klohs
Stand: 15.05.2019
Jonas Lüschers Erfolge kreisen gleichermaßen um das „Verschwinden (einer) großen Erzählung“ (Philipp Theisohn): Entlarvt die Novelle „Frühling der Barbaren“ (2013) die Versprechungen des globalisierten Kapitalismus, so entzaubert der Roman „Kraft“ (2017) den technologischen Fortschritt. Beide Texte adressieren zugleich eine Frage, die ursprünglich Lüschers Dissertation klären sollte: Beschreibt die Literatur komplexe soziale Probleme besser als die Wissenschaft? „Erzählen statt zählen“ – unter diesem Motto will der Autor das Storytelling gleichberechtigt neben das vorherrschende quantitative Paradigma stellen.
Gleich Lüschers Erstling, „Frühling der Barbaren“, erregte Aufsehen. Die präzise komponierte Novelle, die dennoch mit der Gattungskonvention frei verfährt, wird mittlerweile in Schulen gelesen und liegt in zahlreichen Übersetzungen vor, darunter ins Finnische, Russische, Polnische, Slowenische, Ukrainische, Bulgarische und Arabische. Das Staatstheater Wiesbaden und das Theater St. Gallen führten zudem Schauspieladaptionen auf.
Der Titel spielt auf den Arabischen Frühling an, der allerdings marginal bleibt für das Geschehen; er bricht parallel zur kontrafaktischen Binnenerzählung los. Wichtiger ist das ebenfalls titelgebende Barbarische, das in einem tunesischen Ferienresort sein Recht einfordert. Denn: „Der Mensch wird zum Tier, wenn es an sein Erspartes geht“ (S. 24). Die Novelle beschäftigt sich mit ...