The Smiths

Einordnung THE SMITHS aus Manchester, Nord-England, waren die erfolgreichste Gitarrenband der 1980er Jahre. Zwar klang das Quartett mitunter wie direkt aus den 1960er Jahren transferiert, doch waren ihre Themen oft zeitgemäßer als die Musikprodukte des Mainstream. Das Charisma von Sänger Morrissey tat ein Übriges, THE SMITHS zu einem der wichtigsten Pop-Ereignisse ihrer Zeit zu machen.

Die Anfänge Als am 4. Oktober 1982 Morrissey, Johnny Marr (g), Andy Rourke (b) und Mike Joyce (dr) erstmals gemeinsam im "Ritz", einem Klub in Manchester, auftraten, hatte die Band noch keinen Namen. Einen Monat zuvor war Johnny Marr (eigtl.: John Maher; geb. am 31. Oktober 1963 in Ardwick, Manchester) auf Steven Patrick Morrissey (geb. am 22. Mai 1959 in Davyhulme, Manchester) getroffen. Der Begegnung folgte die rasche Gruppengründung. Nach dem ersten Auftritt nannte sich die Band schließlich im November 1982 THE SMITHS.

Erste regionale Erfolge Als Gegenpol zu NEW ORDER gewannen THE SMITHS in Manchester schnell Aufmerksamkeit. Verschiedene Plattenfirmen begannen, sich für das Quartett zu interessieren. Im April 1983 unterschrieb die Band beim Independent-Label "Rough Trade".

Obwohl zunächst als Single-Truppe angeheuert, hatten THE SMITHS mit ihren Alben stets den größeren Erfolg. Die erste Single, "Hand In Glove", stürmte auf Platz 1 der Indie Charts, gelangte aber nicht in die britischen Verkaufscharts. Das änderte sich erst mit der zweiten "This Charming Man" (Dezember 1983 # 25). Während sieben der acht SMITHS-Alben die Top Ten in Großbritannien erreichten (mit Ausnahme des Samplers "Louder Than Bombs"), schafften das nur zwei der 18 Singles, nämlich "Heaven Knows I'm Miserable Now" (Juni 1984) und "Sheila Take A Bow" (April 1987).

Der Durchbruch und das Ende THE SMITHS erreichten schnell Star-Status. Die Songs der ersten LP ("The Smiths") litten allerdings unter der Produktion, was dank des besseren zweiten Albums, der frühen Retrospektive "Hatful Of Hallow", die einige Titel der Debüt-LP enthält, erst richtig deutlich wurde. Das nächste Werk ("Meat Is Murder") schaffte als einziges den ersten Platz der britischen Charts.

Mit dem Jahr 1986 war die Hoch- ebenso wie die Endzeit von THE SMITHS angebrochen. Sie veröffentlichten im Juni das von den Lesern des "New Musical Express" zum besten Album aller Zeiten erkorene "The Queen Is Dead".

Auf ihren 1986er-Konzerten klangen THE SMITHS härter als zu früheren Zeiten, was darauf zurückzuführen ist, dass man vom Frühjahr bis zum Dezember mit Craig Gannon einen zusätzlichen Gitarristen engagiert hatte (zuvor unter anderem bei AZTEC CAMERA). Das Ergebnis ist auf dem Live-Album "Rank" deutlich zu hören (aufgenommen im Oktober 1986 in London, zwei Jahre später veröffentlicht). Anlass für den Gannon-Einkauf war der Rausschmiss Rourkes, dessen Heroin-Probleme Morrissey und Marr zu diesem Schritt nötigten. Nach vier Wochen holte man ihn allerdings zurück.

Ein Problem waren die zunehmenden Auseinandersetzungen mit "Rough Trade" - THE SMITHS fühlten sich nicht mehr recht gewürdigt, was dazu führte, dass man noch 1986 bei "EMI" unterschrieb. Auch war die alte Morrissey-/Marr-Idylle einer zunehmenden Entfremdung gewichen. Noch vor der Veröffentlichung der letzten regulären LP "Strangeways Here We Come" hörten THE SMITHS auf zu existieren.

Solokarrieren Morrissey trat nach der Trennung der Band 1987 als Solist bei "EMI" seinen Dienst an. Andy Rourke hatte seinen größten Bassgitarren-Auftritt der Nach-SMITHS-Ära bei der ersten LP von Sinéad O'Connor und spielte ansonsten mit Mike Joyce bei THE ADULT NET. Beide tauchten auch bei verschiedenen Morrissey-credits auf. Währenddessen begab sich der musikalische Kopf der SMITHS, Johnny Marr, auf eine Odyssee durch verschiedene Musikstudios: Bryan Ferry, TALKING HEADS, PRETENDERS und THE THE hießen die Stationen. Von Marrs ehedem bemerkenswerten Komponisten- und Gitarrenkünsten war allerdings nicht mehr viel zu bemerken, auch nicht beim Projekt ELECTRONIC, das er zusammen mit Bernard Sumner, dem Frontmann von NEW ORDER, und Neil Tennant von den PET SHOP BOYS 1989 gründete. Das Album "Electronic" hört sich ein bisschen wie NEW ORDER und ein bisschen wie PET SHOP BOYS an, aber kein bisschen wie Johnny Marr.

Nachdem Marr kurz bei THE THE und ELECTRONIC aktiv gewesen war, gründete er 2000 die Band JOHNNY MARR AND THE HEALERS, die bis auf ihr Debütalbum ("Boomslang", 2003) aber nichts von sich hören ließ. 2006 stieg Marr bei MODEST MOUSE ein, von 2008 bis 2011 arbeitete er mit THE CRIBS zusammen. Im April 2011 gab er bekannt, dass er an Solo-Material arbeitete.

Keine Aussicht auf ein Comeback Trotz ihrer kurzen Karriere hatten es THE SMITHS geschafft, zu Ikonen zu werden. Mit dem wachsenden musikalischen Einfluss ging einher, dass auch wenige Jahre nach der Auflösung der Band schon Gerüchte über eine mögliche Reunion verbreitet wurden. Bis auf die Veröffentlichung von Best-Of-Platten gab es jedoch keine Anzeichen, dass diese Reunion jemals möglich werden würde. Trotz äußerst lukrativer Angebote äußerten sowohl Marr als auch Morrissey, wann immer sie gefragt wurden, keinerlei Interesse daran, wieder in der alten Aufstellung als Band zusammenzuarbeiten.

Von Marr erschienen die Soloalben "The Messenger" (2013), "Playland" (2014) und "Call The Comet" (2018) sowie das Livealbum "Adrenalin Baby" (2015). Auf seinem dritten Solowerk "Call The Comet" präsentierte der frühere THE SMITHS-Gitarrist einige hervorragende Songs: etwa "Day In Day Out", "Spiral Cities" oder den balladesken Ohrwurm "Hi Hello", zu dem man sich auch sehr gut die Stimme seines früheren Bandkollegen Morrissey vorstellen kann - die Gesangslinien sind nahezu identisch.

Zudem veröffentlichte Marr im November 2016 seine Autobiographie "Set The Boy Free: The Autobiography", war an der Entstehung des Soundtracks "The Amazing Spider-Man 2" (2014) beteiligt, gastierte auf dem NOEL GALLAGHER'S HIGH FLYING BIRDS-Album "Chasing Yesterday" (2015, Song: "Ballad Of The Mighty I") und schrieb für das BLONDIE-Album "Pollinator" (2017) den Song "My Monster".

Am 18. Februar 2020 trat Marr im Rahmen der Verleihung der "Brit Awards" unter der Regie von Komponist Hans Zimmer mit Billie Eilish auf und performte ihren fünf Tage zuvor veröffentlichten James-Bond-Titelsong "No Time To Die". Im Sommer desselben Jahres hatte Marr mit den Arbeiten an seinem vierten Soloalbum begonnen.

Der frühere THE SMITHS-Bassist Andy Rourke hatte schon 2009 in New York mit Olé Koretsky die Alternative Rock-Band D.A.R.K. gegründet. Nachdem 2014 die 2018 verstorbene THE CRANBERRIES-Sängerin Dolores O'Riordan eingestiegen war, erschien im September 2016 das D.A.R.K.-Debütalbum "Science Agrees".

Morrisseys Solokarriere Morrissey hatte nach THE SMITHS eine hochproduktive Karriere: Zwischen 1988 und 2009 veröffentlichte er neun Alben, die alle in den Top 10 der britischen Charts landeten (davon drei auf Platz 1). Hohe Aufmerksamkeit sicherten ihm vor allem auch seine politischen Statements - von harter Kritik an Margaret Thatcher, Tony Blair, George W. Bush und selbst an der britischen Königsfamilie bis zu harschen Aussagen, die aus seinem überzeugten Vegetarismus folgten (u. a. nannte er die Chinesen in einem Interview wegen ihres Verhaltens zu Tieren "eine Subspezies"). Zudem outete er sich als Anhänger des Brexit und unterstützte die von Anne Marie Waters im Oktober 2017 gegründete rechtsgerichtete Partei "For Britain", was ihm von zahlreichen Kollegen heftige Kritik einbrachte. Zwischen 2014 und 2020 veröffentlichte Morrissey die Soloalben "World Peace Is None Of Your Business" (2014, UK # 2), "Low In Highschool" (2017, UK # 5), "California Son" (2019, UK # 4) und "I Am Not A Dog On A Chain" (2020, UK # 3), wobei "California Son" ein reines Coveralbum mit Songs u. a. von Bob Dylan, Joni Mitchell, Roy Orbison und Dionne Warwick ist. Einige Plattenläden weigerten sich wegen Morrisseys Engagement für "For Britain", das Album zu verkaufen.

Literatur

• Middles, Mick: The Smiths. Die authentische Biographie. Augsburg 1989.
• Simon Goddard: "Mozipedia. The Encyclopedia Of Morrissey And The Smiths". 2009.

Gründungsbesetzung

Steven Patrick Morrissey (voc), Johnny Marr (g), Mike Joyce (dr), Andy Rourke (b)