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Karl Wilhelm Berkhan

deutscher Politiker; SPD; Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages (1975-1985)
Geburtstag: 8. April 1915 Hamburg-Eimsbüttel
Todestag: 9. März 1994 Hamburg
Nation: Deutschland - Bundesrepublik

Internationales Biographisches Archiv 23/1994 vom 30. Mai 1994 (st)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 44/2006


Blick in die Presse

Herkunft

Karl Wilhelm (Willi) Berkhan wurde am 8. April 1915 als Sohn eines Kanzleivorstehers in Hamburg-Eimsbüttel geboren.

Ausbildung

B. besuchte in seiner Heimatstadt das Gymnasium bis zur mittleren Reife, absolvierte dann eine reguläre Maschinenschlosserlehre und vervollständigte seine Berufsausbildung an der Technischen Lehranstalt Hamburg. Danach arbeitete er als Maschinenbauingenieur in der Industrie. 1939 wurde B. zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. Anschließend war er bis 1945 Kriegsteilnehmer. Er wurde als Flugzeugführer ausgebildet und in verschiedenen Kampfgeschwadern eingesetzt, zuletzt als Oberleutnant. Nach dem Kriege war B. kurze Zeit als Kriminalbeamter tätig und absolvierte dann von 1945 bis 1947 das Berufspädagogische Institut. Danach war er als Gewerbelehrer tätig. Nach einem weiteren pädagogischen Studium an der Universität Hamburg (1953-1957) wurde er zum Studienrat befördert.

Wirken

Von Jugend auf hatte sich B. auch politisch engagiert. Bereits als Vierzehnjähriger hatte er sich 1929 der sozialistischen Arbeiterjugend angeschlossen, 1945 wurde er Mitglied der SPD, 1949 SPD-Kreisvorsitzender in Hamburg-Nord, von 1953-1957 war er Mitglied der Hamburger Bürgerschaft. Von 1957-1975 vertrat er als Mitglied der SPD-Fraktion den Hamburger Wahlkreis 13 (Altona) im Deutschen Bundestag. Im Bundestag wurde Fritz Erler sein Mentor, der ihn veranlaßte, sich vor allem mit Verteidigungs- und Wehrfragen zu befassen. B. war im 5. Bundestag stellv. Vorsitzender des Verteidigungsausschusses des Bundestags, außerdem Mitglied der Beratenden Versammlung des Europarats und der Westeuropäischen Union. Der Bundeswehr war B. auch als Hauptmann der Reserve verbunden.

Als Helmut Schmidt, mit dem B. seit seiner Studentenzeit (beide waren Gründungsmitglieder des SDS) eng befreundet war, im Okt. 1969 das Verteidigungsministerium übernahm, berief er B. zu seinem Parlamentarischen Staatssekretär. Auch nach der Neubildung der Bundesregierung Brandt/Scheel als Folge des Wahlsieges vom 19. Nov. 1972 blieb B. Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium unter Minister Georg Leber und behielt diesen Posten auch in der Regierung Helmut Schmidt. In Arbeitsteilung mit Minister Leber wurde er auf der Hardthöhe eine Art "Truppenminister", der sich auf zahllosen Standortbesuchen um engen Kontakt mit der Truppe bemühte.

Nach dem Ausscheiden von Fritz Rudolf Schultz wurde B. am 19. März 1975 ohne Gegenkandidat zum Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages gewählt. Mit der Übernahme des Amtes schied B. aus dem Bundestag aus. B. machte gleich zu Beginn seiner Amtszeit klar, daß er eher zurücktreten werde, als sich mit einer Alibifunktion zu begnügen. In seinem ersten Jahresbericht warnte er vor einer zu weitgehenden Anpassungsfähigkeit der jungen Soldaten und äußerte den Wunsch nach mehr "eigenverantwortlichen Soldaten". Auch in den folgenden Jahren blieb B., der nach eigenen Aussagen rd. 6.000 bis 8.000 Vorgänge im Jahr bearbeitete, ein kritischer Beobachter der Bundeswehr, der immer wieder Mißstände und Fehlentwicklungen aufgriff und in enger Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsausschuß auf ihre Beseitigung drängte. Am 17. Jan. 1980 wurde er mit breiter Mehrheit (416 von 454 Stimmen) für eine zweite fünfjährige Amtsperiode wiedergewählt.

Durch das "Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Wehrbeauftragten des Bundestages" vom 16. Juni 1982 wurde die Stellung des Wehrbeauftragten als Hilfsorgan des Bundestages bei der parlamentarischen Kontrolle präzisiert, durch zusätzliche Amtsbefugnisse gestärkt und in ihrer Unabhängigkeit verdeutlicht. Die Initiative zu dieser Stärkung der Institution des Wehrbeauftragten war maßgeblich von B. ausgegangen, der im Plenum des Bundestages oft vor weitgehend leeren Bänken reden mußte. 1985 legte er seinen 10. Jahresbericht vor, in dem er erneut auf gravierende Fälle von Mißgriffen im Umgang von Vorgesetzten mit Soldaten aufmerksam machte und auch auf andere Schwachstellen in den Streitkräften hinwies. Insgesamt zeichnete er jedoch ein positives Bild und meinte: "Die Bundeswehr ist nicht so gut, wie sie selbst meint, aber auch nicht so schlecht, wie andere von ihr denken."

Nach Ablauf seiner zweiten Amtsperiode verabschiedete sich B. Anfang März 1985 auf der Festung Ehrenbreitstein bei Koblenz von der Bundeswehr. "Begegnen Sie Ihren Kameraden mit Anerkennung, Rücksicht und Toleranz", empfahl er den Offizieren, den Soldaten sagte er: "Das Prinzip von Befehl und Gehorsam steht der Mündigkeit und dem Mitbestimmenwollen nicht entgegen." Die breite Anerkennung bei allen Parteien, die sich B. in seiner zehnjährigen Amtszeit erworben hatte, wurde deutlich, als B. am 14. März 1985 im Bundestag verabschiedet wurde. Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt sprach von einem "Glücksfall politischer Willensbildung". Nachfolger B.s als Wehrbeauftragter wurde der CDU-Abgeordnete Willi Weiskirch.

Familie

B. war ab 1941 in kinderloser Ehe mit Willfriede, geb. Mill, verheiratet. Wie Helmut Schmidt, mit dem er oft zusammen segelte, besaß auch B. ein Ferienhaus am holsteinischen Brahmsee. Er starb am 9. März 1994 im Alter von 78 Jahren in Hamburg.

Literatur

2003: Winfried Vogel: "Karl Wilhelm Berkhan. Ein Pionier deutscher Sicherheitspolitik nach 1945". Mit einem Vorwort von Helmut Schmidt. 2003.

2006: Rudolf J. Schlaffer: "Der Wehrbeauftragte 1951 bis 1985. Aus Sorge um den Soldaten". 2006.

Auszeichnungen

Auszeichnung: Ehrendoktor der Bundeswehrhochschule in Hamburg (85).

Adresse

Letzte Adresse: Friedhofsweg 6, 22337 Hamburg



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