Hans van Mierlo
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Internationales Biographisches Archiv
Hans (eigentlich Henricus Antonius Franciscus Maria Oliva) van Mierlo wurde 1931 in Breda geboren und stammte aus einer Brabanter Bankiers- und Fabrikantenfamilie.
Die schulische Ausbildung beendete er 1951 am Canisius-College der Jesuiten in Nimwegen mit dem Abitur. Er trat dann den Wehrdienst an, musste aber 1952 krankheitshalber die Offiziersausbildung abbrechen und den Dienst quittieren. Im gleichen Jahr begann M., der zunächst Schauspieler hatte werden wollen, das Studium der Rechtswissenschaften an der Katholischen Universität Nimwegen. Er schloss die akademische Ausbildung 1960 mit dem Staatsexamen im Fach "Niederländisches Recht" ab. Im Nebenfach hatte er sich mit "Internationalem Privatrecht" befasst.
Berufstätig wurde M. als politischer Redakteur beim "Allgemeen Handelsblad" in Amsterdam (1960-1967). Er arbeitete zunächst als Redakteur im Inlandressort. Später war er Leiter der Redaktion der sog. Meinungsseite, auf der kontroverse Meinungen zu bestimmten Themen veröffentlicht wurden. Mitte der 60er Jahre, als die Provos, Kabouters und Hippies die Schlagzeilen der Tagespresse dominierten, organisierte M. 1966 während der Provounruhen in Amsterdam einen "Runden Tisch". Die Diskussionen inspirierten ihn, zusammen mit Gesinnungsgenossen die linksliberale Gruppe Demokraten 66 (D'66) mit dem Ziel zu gründen, eine Reform des erstarrten politischen Systems voranzutreiben.
Der eloquente Journalist, dem man eine charismatische Ausstrahlung attestierte, wurde 1967 als D'66-Spitzenkandidat in die Zweite Kammer des Parlaments (Generalstaaten) gewählt. Bei der darauffolgenden Wahl im Nov. 1972 musste die Partei einen empfindlichen Rückschlag hinnehmen und fünf ihrer 11 Mandate abgeben. 1974 legte M. den Fraktionsvorsitz nieder. Bei den folgenden Wahlen im Mai 1977 stieg die Zahl der D'66-Mandate wieder auf 8 Sitze an. M. zog sich dennoch vorübergehend aus der aktiven Politik zurück. Ministerpräsident
Von 1983 bis 1986 vertrat M. seine Partei als Senator in der Ersten Kammer. In dieser Zeit wurde ihm auch das Amt eines Generalsekretärs der Westeuropäischen Union (WEU) angetragen, das er jedoch dankend ablehnte. Bei den Parlamentswahlen im Mai 1986 kehrte er wieder als Abgeordneter in die Zweite Kammer zurück und übernahm auch erneut den Fraktionsvorsitz.
Eines seiner konsequent verfolgten Ziele war in der Folge der Wunsch, die CDA aus der Regierung zu verdrängen, doch behauptete Premier Lubbers auch 1989 das Feld und bildete mit der PvdA die neue Regierung. Erst 1994 erlitten die Christdemokraten bei den Neuwahlen am 2. März mit dem Verlust von 20 ihrer 54 Mandate eine verheerende Schlappe und blieben nur mit einem Mandat Vorsprung vor den Sozialdemokraten gerade noch stärkste Fraktion. M.s Partei konnte die Mandatszahl von 12 auf 24 verdoppeln und erreichte 15,6 % der Stimmen. M. mühte sich danach beharrlich um das Zustandekommen einer sogenannten "lila" Regierung aus Sozialdemokraten und den beiden liberalen Parteien (D'66 und VVD). Erste Koalitionsgespräche scheiterten zunächst, und erst am 22. Aug. 1994 konnte nach weiteren wochenlangen Verhandlungen die von M. angestrebte Koalitionsregierung unter Führung von
Mit M. übernahm ein überzeugter "Atlantiker" und "Europäer" die Leitung des Außenressorts. Immer wieder hatte er in der Vergangenheit ein größeres Europaengagement der Niederlande angemahnt und sich auch für eine Verbesserung der nach wie vor ressentimentbeladenen Beziehungen zum deutschen und belgischen Nachbarn ausgesprochen. Nicht zuletzt wegen seiner "virtuosen Darstellungskunst" (vgl. SZ, 24.8.1994) galt er als einer der populärsten Politiker der Niederlande.
Im Verlauf der vierjährigen Legislaturperiode (1994-1998) brach M. mit der unter seinen Vorgängern Kooijmans und
Heftig kritisiert wurde M. in den Niederlanden im Aug. 1997 im Zusammenhang mit der in Brasilien vereitelten Verhaftung des Desi Bouterse, Ex-Diktator der fr. niederländischen Kolonie Surinam, der als mutmaßlicher Drogenhändler vor Gericht gestellt werden sollte. Auch lastete man ihm mit die gescheiterte Kandidatur von Ex-Premier Ruud Lubbers für den Posten des NATO-Generalsekretärs und die nicht perfekt vorbereitete Kandidatur
Im Vorfeld der Parlamentswahl vom Mai 1998 prognostizierte man für die D'66 erhebliche Stimmenverluste und verwies dabei auf die Tatsache, dass das Profil der kleinen Partei zwischen den beiden großen Koalitionspartnern verblasste. Für nicht geglückt hielten viele Parteimitglieder auch die Entscheidung des D'66-Präsidiums, Gesundheitsministerin
Erwartungsgemäß verloren die Demokraten 66 bei der Parlamentswahl am 6. Mai 1998 zehn ihrer 24 Sitze und 6,5 % der Stimmen, während Koks PvdA mit 29,0 % der Stimmen die mit Abstand stärkste und die Rechtsliberalen mit 24,7 % zweitstärkste Fraktion wurden. M. übernahm ausdrücklich einen Teil der Verantwortung für die schwere Wahlniederlage und erklärte im Juli 1998 seinen Abschied von der Politik, um jüngeren Kräften in seiner Partei nicht im Weg zu stehen. In der neuen Koalitionsregierung von Ministerpräsident Kok löste am 3. Aug. 1998
2002 zählte M. noch zu den Mitgliedern des Konvents für eine Reform der EU.
M. heiratete 2009 seine langjährige Lebensgefährtin, die Schriftstellerin
Mitgliedschaften u. a.: M. beschäftigte sich intensiv mit Ost-West-Fragen und arbeitete in verschiedenen nationalen und internationalen Kommissionen, darunter in der Kommission für Entwicklungszusammenarbeit Niederlande-Surinam (CONS) und im Beirat für Verteidigungsfragen (ADA). Er bekleidete zudem verschiedene Funktionen in Literaturverbänden und anderen kulturellen Organisationen.