Joachim Egon Fürst zu Fürstenberg
Geburtstag: |
|
Todestag: |
|
Nation: |
|
Geburtstag: |
|
Todestag: |
|
Nation: |
|
Internationales Biographisches Archiv
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW
Joachim Egon Maximilian Friedrich Leo Joseph Maria Hubertus Fürst zu Fürstenberg kam auf Schloss Grund, Bezirk Pürglitz in Böhmen, zur Welt. Sein Vater war Prinz Maximilian Egon (1896-1959), seine Mutter Wilhelmine, geb. Gräfin von Schönburg-Glauchau (1902-1964). Die Nachgeborenen führen den Namen Prinz bzw. Prinzessin zu Fürstenberg. Seine Kindheit und Jugend verlebte F. auf Schloss Grund und im Prager Fürstenberg Palais. 1933 übernahm Prinz Max Egon die Leitung der Fürstlich Fürstenbergischen Gesamtverwaltung in Donaueschingen, wohin die Familie daraufhin übersiedelte.
Erbprinz wurde Prinz Joachim nur, weil sein Onkel, Fürst Karl Egon V. (1891-1973), damals Chef des Hauses Fürstenberg in Weitra (Österreich), kinderlos blieb und den badischen Komplex des fürstenbergischen Besitzes 1941 nach dem Tod des Fürsten Max Egon II. (Begründer der Donaueschinger Musiktage; gest. 1941) dem Vater Joachims, Max Egon, überschrieb. Um sicherzustellen, dass der fürstenbergische Besitz in Weitra, Niederösterreich, im Besitz der Familie blieb, wurde F.s Sohn, Prinz Johannes (geb. 1958), später Adoptivsohn von Fürst Karl Egon V.
Die Fürstenbergs zählen zum schwäbischen Uradel und sind katholisch. Das Geschlecht wird mit Egino comes de Urahe (Urach, Burg und Stadt, Württemberg) um 1070 urkundlich erstmals erwähnt. 1218 wurden die zähringischen Besitzungen in der Baar durch die Ehe des Grafen Egon IV. mit Agnes von Zähringen erworben. Ebenfalls durch Heiraten kamen in den folgenden Jahrhunderten die Grafschaft Heiligenberg, die Herrschaften Jungnau und Trochtelfingen, Messkirch, Gundelfingen, Hohenlöwen und die Landgrafschaft Stühlingen hinzu.
1250 taucht der Name Graf von Vurstenberc erstmals auf. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden die verschiedenen Linien der Familie in den Reichsfürstenstand erhoben. 1755 kam es zu einer Besitzteilung unter den Söhnen des Prosper Ferdinand Landgraf zu Fürstenberg-Stühlingen, die die I. (fürstliche) Linie und die II. (landgräfliche) Linie stifteten. Der Stammvater der Fürstlichen Linie, Landgraf Joseph Wilhelm Ernst, wurde 1716 Reichsfürst. Die landgräfliche Linie fiel nach dem Tod des Landgrafen Eduard Egon im Jahre 1932 mit dem Fideikommiss Weitra an die fürstliche Linie, und damit an den damaligen Erbprinzen Karl Egon, ab 1941 Fürst und Chef des Fürstlichen Gesamthauses Fürstenberg.
F. besuchte die Schlossschule Salem, das Fürstenberg-Gymnasium in Donaueschingen, das Jesuitenkolleg in St. Blasien im Schwarzwald sowie die Wirtschaftsoberschule in Freiburg, die er 1941 mit dem Abitur abschloss. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Soldat, zuletzt als Leutnant. 1945 kehrte F. aus französischer Kriegsgefangenschaft zurück.
Er wurde dann in der Fürstlich-Fürstenbergischen Gesamtverwaltung tätig. Nach dem Tod seines Onkels Karl Egon V. im Jahre 1973 wurde F. Fürst und Chef des Hauses Fürstenberg. F. war lange Jahre aktiv in der Leitung seiner Unternehmen tätig. Seit Anfang der 90er Jahre übertrug er die unternehmerische Verantwortung schrittweise auf seinen ältesten Sohn, Erbprinz Heinrich. Generalbevollmächtigter des Fürstenhauses wurde der Manager Dr. Hans-Rüdiger Schewe.
Mit 20.000 ha Wald zählt das Fürstenberger Haus nach dem Haus Thurn und Taxis zu den größten privaten Waldbesitzern in Süddeutschland. Dazu kommen noch Wäldereien in Kanada. Ein Teil des in Deutschland geschlagenen Holzes wird in der Holzhof Fürst zu Fürstenberg KG in Hüfingen verarbeitet. Die 1887 gegründete Papierfabrik in Titisee-Neustadt wurde ebenso wie das fürstliche Basaltwerk inzwischen verkauft. Fürst F. ist als Kommanditist mit 15 % an der renommierten Hamburger Privatbank Behrenberg beteiligt. Als bedeutendstes der fürstenbergischen Unternehmen gilt die 1470 gegründete Fürstlich Fürstenbergische Brauerei KG in Donaueschingen, die mit dem Fürstenberg Pilsener eine der großen deutschen Premium-Pilsmarken herstellt. Holzverarbeitende Industrie, großer Liegenschaftsbesitz, vornehmlich in Donaueschingen und weit zerstreut im badischen Raum, runden die fürstliche Unternehmensgruppe ab, die insgesamt rd. 1.000 Mitarbeiter beschäftigt.
Über die genannten Unternehmen hinaus verfügen die Fürstenbergs über große Kunstschätze. Zu den Prunkstücken der rd. 130.000 Bände umfassenden Bibliothek gehörte die "Hohenems-Laßbergische Handschrift" des Nibelungenliedes. Erwähnt sei auch die (öffentlich zugängliche) Gemäldesammlung mit Werken von Meistern des 15. und 16. Jahrhunderts, u. a. von Hans Holbein dem Älteren und Lucas Cranach dem Älteren.
Die wirtschaftliche Situation der fürstlichen Unternehmensgruppe, deren Geschäftszahlen nicht publiziert werden, wird als insgesamt stabil bezeichnet, obwohl die allgemeine Krise der Waldwirtschaft offenbar auch der Fürstenbergischen Forstverwaltung zu schaffen machte. Das Vermögen der Familie wurde Ende der 90er Jahre auf über eine Mrd. DM geschätzt. Allerdings bedeutet der Unterhalt der unter Denkmalschutz stehenden Immobilien, darunter die Schlösser Donaueschingen (Hauptsitz), Heiligenberg und Stühlingen, eine beträchtliche finanzielle Last. In den letzten Jahren machte Fürst F. verschiedentlich durch spektakuläre Verkäufe von Buch- und Kunstschätzen auf sich aufmerksam, die als "Umstrukturierung des unproduktiven Vermögensteils in den aktiven Bereich, die der Stärkung der Eigenkapitalbasis dient" interpretiert wurde. 1992 erwarb das Land Baden-Württemberg für 48 Mio. DM eine kostbare Handschriftensammlung. 1994 kam es zu einer Veräußerung von rd. 500 Inkunabeln (sog. Wiegendrucke), von denen (für 2,3 Mio. DM) 86 Stück das Land Baden-Württemberg übernahm, weitere Stücke wurden bei Sotheby's in London versteigert (Schätzpreis rd. 8 Mio. DM). Im Sommer 1999 wurde dann der größte Teil der Musikaliensammlung der Bibliothek (bis auf etwa 10.000 Bände, die im Archiv verbleiben sollten) an ein Konsortium aus Antiquariatsfirmen in Los Angeles und London verkauft. Die Nibelungen-Handschrift wurde nach langen Verhandlungen im März 2001 für 19 Mio. DM vom Land Baden-Württemberg erworben. Anfang 2002 lagerte F. die Werke seiner Gemäldesammlung aus, woraufhin Zeitungen auch über den Verkauf der Sammlung spekulierten.
Fürst F. war seit dem 25. Juni 1947 mit Paula Gräfin zu Königsegg-Aulendorf verheiratet und hatte sechs Kinder: Prinzessin Amelie-Egona (geb. 1948), Prinzessin Marie-Antoinette (geb. 1949), Erbprinz Heinrich (geb. 1950), Prinz Karl-Friedrich (geb. 1953), Prinz Johannes (geb. 1958, Adoptivsohn des Fürsten Karl Egon V.) und Prinzessin Anna Lucia (geb. 1965). Der als gesellig geltende Fürst war passionierter Jäger. Am 9. Juli 2002 verstarb Fürst F. nach langer Krankheit in seinem 80. Lebensjahr in Donaueschingen. Zuvor hatte F. in Abstimmung mit seinem Sohn Heinrich entschieden, dass dessen Sohn, Erbprinz Christian, als alleiniger Erbe eingesetzt werden solle, um eine langfristige Kontinuität in der Unternehmensführung zu wahren und eine erbschaftssteuerlich günstige Nachfolgeregelung zu erreichen. Erbprinz Christian sollte nach Abschluss seiner Ausbildung an die Spitze der fürstlichen Unternehmensgruppe treten. Heinrich Fürst zu Fürstenberg und Dr. Hans-Rüdiger Schewe fungierten bis dahin als Testamentsvollstrecker und führten weiterhin die Fürstlich Fürstenbergische Unternehmensgruppe. Im Jan. 2019 starb F.s Witwe Paula Fürstin zu Fürstenberg imAlter von 92 Jahren.
Auszeichnungen (kleine Auswahl): Ehrenbürger von Donaueschingen, Heiligenberg, Friedenweiler und Weitra, Ehrensenator der Universität Konstanz, Großes Bundesverdienstkreuz, Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg, Komturkreuz des päpstlichen St. Gregoriusordens, Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, Großkreuz und Ehrenbailli des Souveränen Malteser Ritter Ordens.
Fürst F. war Schirmherr und Sponsor des "Prinz Karl zu Fürstenberg Reitturniers Donaueschingen" sowie der bedeutenden "Donaueschinger Musiktage für zeitgenössische Tonkunst".
Letzte Adresse: Schloss, 78166 Donaueschingen