Ludwig Munzinger
deutscher Verleger; Herausgeber des Munzinger-Archivs; Dr. phil.Geburtstag: | 28. August 1877 Saarburg/Lothringen |
Todestag: | 15. November 1957 Ravensburg |
Nation: | Deutschland - Bundesrepublik |
Geburtstag: | 28. August 1877 Saarburg/Lothringen |
Todestag: | 15. November 1957 Ravensburg |
Nation: | Deutschland - Bundesrepublik |
Internationales Biographisches Archiv 45/2000 vom
Ludwig Munzinger wurde als ältester Sohn eines höheren Verwaltungsbeamten des damaligen Reichslandes Elsaß-Lothringen geboren. Die Familie stammt aus der Pfalz, wo der Großvater Bezirksgerichtspräsident in Landau gewesen war.
M. besuchte das Gymnasium in Straßburg und Weißenburg (Wissembourg). Er wollte eigentlich Offizier werden, studierte aber auf Wunsch der Familie zunächst Rechtswissenschaften in Würzburg. Nach dem frühen Tod des Vaters griff er seinen ursprünglichen Berufswunsch auf und trat im Febr. 1898 in das kaiserliche Heer ein und wurde im Januar 1899 Leutnant in einem Jägerbataillon im elsässischen Colmar. Obwohl er diese Zeit nie als verloren ansah, nahm er nach zweieinhalb Jahren den Abschied aus dem aktiven Dienst und setzte auf Anraten des damaligen Chefredakteurs der Münchner "Allgemeinen Zeitung" das Jurastudium in München und Heidelberg unter Einschluß volkswirtschaftlicher Fächer fort. 1901 promovierte er in Heidelberg zum Dr. phil. Die Dissertationsschrift befaßte sich mit dem "Inseratenwesen in den deutschen Zeitungen". Das Jurastudium schloß er im Okt. 1902 mit dem Referendarexamen ab. Der zeitweise erwogene Eintritt in den badischen Staatsdienst wurde bald verworfen und das Angebot, in die damals von Dr. Martin Mohr geleitete Redaktion der "Allgemeinen Zeitung" in München einzutreten, angenommen.
Schon während des Studiums hatte er in München und Heidelberg in der örtlichen Presse mitgearbeitet. Von 1903-1907 gehörte er der Redaktion der "Allgemeinen Zeitung" in München, zuletzt als stellv. Chefredakteur, an. Als Frucht einer mehrmonatigen Südamerikareise faßte er die in dieser Zeit entstandenen Beiträge für sein Blatt in dem Buch "Zukunftsländer am La Plata" (07) zusammen. 1907 übernahm er die Chefredaktion der nationalliberalen "Badischen Landeszeitung" in Karlsruhe und betätigte sich aktiv in der badischen Landespolitik. 1910/11 vertrat er den "Dresdner Anzeiger" in London und war anschließend Teilhaber und Chefredakteur des Dammert'schen "Berliner Dienstes" in Berlin, doch befriedigte ihn die Arbeit in einem "publizistischen Warenhaus" ohne klare Linie nicht.
Lange schon an eigenverantwortlicher Beschäftigung interessiert, startete M. im Frühjahr 1913 in die Selbständigkeit. Der von erfahrenen Journalisten, Korrespondenten und Chefredakteuren festgestellte Mangel an geeigneten, komprimierten und stets aktuell gehaltenen Hintergrundinformationen bewog M. dazu, einen Informationsdienst unter der Bezeichnung "Archiv für publizistische Arbeit" ins Leben zu rufen, der die Informationen, die über den Tag hinaus von Interesse bleiben, systematisch erfassen, aufbereiten und schnell und sicher jederzeit wieder verfügbar machen sollte. Der später einfach "Munzinger-Archiv" genannte Archivdienst hielt Einzug in die Redaktionen von Tages- und Wochenzeitungen, von politischen, Kultur- und Wirtschaftsblättern, und später auch in die Rundfunkhäuser.
Der erste Weltkrieg hat den weiteren Aufbau des Archivdienstes zunächst behindert. M. nahm am Krieg von 1914-1918 als Infanterieoffizier teil, zuletzt als Hauptmann und "Bildungsoffizier" im AOK 3 (Westfront) und gab die Feldzeitung der 3.Armee, den "Champagnekameraden" heraus.
Nach dem Kriege betätigte sich M. zunächst vorwiegend als Landwirt auf dem 1916 erworbenen Hofgut Hähnlehof bei Weingarten in Württemberg und in der örtlichen Politik. Als nach der Inflation die Verhältnisse sich stabilisierten, forderte die Entwicklung des Archivdienstes wieder den ganzen Mann. Der Sitz des Verlags befand sich dann von 1926-30 in Berlin-Wannsee, von 1930-45 in Dresden. Mit Ausnahme einer Verhaftung im Jahre 1936 und einer Beschlagnahme des Archivguts im Jahre 1938, die jedoch bald wieder aufgehoben wurde, blieb M. nach Einsetzung eines Zensors während der folgenden Jahre bis 1945 im wesentlichen unbehelligt. Nach der Zerstörung Dresdens wich M. vor dem drohenden Einmarsch der Sowjets mit der Familie nach Süddeutschland aus. Die geplante Rückkehr nach Dresden vereitelten die Zeitumstände.
Seit 7. März 1946 bis zu seinem Tod im Nov. 1957 gab M. in Ravensburg/Oberschwaben das "Archiv für publizistische Arbeit" heraus und sicherte ihm seinen angestammten Platz in den Medien. Besonders bekannt wurden die Teilpublikationen "Internationales Biographisches Archiv" und "Internationales Handbuch - Länder aktuell". Nach seinem Tod übernahm sein Sohn, Dr. jur. Ludwig Munzinger, die Leitung des Archivs.
Kurz nach Vollendung des 80. Lebensjahrs starb M. am 15. Nov. 1957 in Ravensburg.
Weiterhin auch in der Lokalpolitik tätig, verfaßte M. neben der Tagesarbeit das Buch "Bürokratie oder Demokratie?" (48) als Beitrag zum Neuaufbau demokratischen Lebens und übersetzte Spenlé "Der deutsche Geist von Luther bis Nietzsche" (49).