Herkunft
Karin Dor (eigtl.: Kätherose Derr) wurde 1938 (n. a. A. 1936) in Wiesbaden geboren und wuchs in gutbürgerlichen Verhältnissen auf.
Ausbildung
Schon als Schülerin besuchte D. eine Schauspielschule und übernahm mehrere kleine Statistenrollen in Spielfilmen. Eine erste kleine Sprechrolle erhielt sie in dem Film "Rosen-Resli" (1954), in dem sie einen einzigen Satz zu sprechen hatte ("Himmlisch, Frau Chefin, einfach himmlisch!"). Trotzdem war der Regisseur Harald Reinl so von ihr angetan, dass er ihr nicht nur eine wichtige Rolle in seinem Film "Der schweigende Engel" (1954) gab, sondern sie im gleichen Jahr auch heiratete. D., die zu diesem Zeitpunkt erst 16 Jahre alt war, soll sich um zwei Jahre älter gemacht haben, um ohne Schwierigkeiten heiraten zu können, was zeitlebens für Unsicherheit in Bezug auf ihr Geburtsjahr sorgte.
Wirken
Auch Dank des Einflusses ihres Mannes machte D. rasch Karriere beim Film und erwies sich, vor allem in dessen zahlreichen Produktionen, als besonders versiert im Rollenfach der verfolgten Unschuld, der grundlos Verdächtigten und der schutzbedürftigen Schönheit - eine Idealbesetzung für die Edgar-Wallace-Krimis und Karl-May-Verfilmungen, die Reinl mit großem Erfolg in den 1960er Jahren drehte. In drei Karl-May-Filmen ("Der Schatz im Silbersee", 1962, "Winnetou II", 1964 und "Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten", 1968) spielte D. die weibliche Hauptrolle. Einen ersten Versuch, sich vom Image der "unschuldig Dreinblickenden" zu lösen, unternahm sie in der Rolle der Brunhilde in dem zweiteiligen "Nibelungen"-Filmepos ihres Mannes (1966).
Internationale Erfolge feierte D. u. a. als Partnerin von Sean Connery in dem James-Bond-Film "Man lebt nur zweimal" (1966) und in Alfred Hitchcocks "Topas" (1969). Die Scheidung ihrer Ehe mit Harald Reinl (1968) und eine Krebserkrankung schienen sie zeitweilig aus der Bahn zu werfen, doch fasste sie wieder Fuß und konnte ihre Karriere fortsetzen, wenn auch in bescheidenerem Rahmen. Im US-Fernsehen sah man sie 1970 in der Krimi-Serie "Der Chef" (mit Raymond Burr), 1971 wirkte sie in der engl. Serie "Al Mundy" mit. In der Folge sah man sie auch wieder in deutschen Fernsehfilmen oder -shows.
Ab den 1990er Jahren stand D. vor allem auf den Bühnen des deutschen Boulevard- und Komödientheaters (ab 1989/1990 u. a. mit dem Stück "Der Neurosenkavalier", das sie hunderte Male spielte, und 1997/1998 in "Trau keinem über 60" mit Claus Biederstaedt), auf der Leinwand und dem Bildschirm sah man sie allerdings wieder seltener (u. a. in drei Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen 1997, 2000 und 2011). Ihr großes Comeback im Kino hatte sie 2006 mit einem kleinen, aber sehr anspruchsvollen Part in Margarethe von Trottas Film "Ich bin die Andere" nach dem gleichnamigen Roman von Peter Märthesheimer, in dem sie eine alkoholkranke Mutter spielt, deren Tochter (Katja Riemann) unter einer Persönlichkeitsspaltung leidet, tags als Rechtsanwältin in Frankfurt arbeitet, sich nachts aber als Prostituierte verdingt. Als sie einer ihrer Freier zur Frau nehmen will, stürzt sie und auch die Familie in eine noch tiefere Krise.
Trotz dieses großen Erfolgs blieb D. in den folgenden Jahren vor allem dem Theater treu und war ab 2008 am Theater in der Komödie im Bayerischen Hof in München u. a. in der eigens für sie geschriebenen Komödie "Man liebt nur dreimal" zu sehen. Ihren letzten "kleinen, aber präsenten" Kinoauftritt hatte sie 2015 - erneut in einer Regiearbeit von Margarethe von Trotta und an der Seite von Katja Riemann und Barbara Sukowa - als demente alte Dame in "Die abhandene Welt" (vgl. Neue Osnabrücker Zeitung, 8.5.2015).
Nach einem schweren Sturz im Juli 2016 in Südtirol trat D. wohl gelegentlich nochmal auf, u. a. im Sept. 2016 in "Der dressierte Mann" in der Komödie im Bayerischen Hof, von ihren Verletzungen konnte sie sich aber nicht mehr vollständig erholen.
Familie
Am 6. Nov. 2017 starb D. in einem Müncher Pflegeheim an den Folgen eines Sturzes. Sie war in erster Ehe von 1954 bis 1968 mit dem Filmregisseur Dr. Harald Reinl verheiratet. Aus dieser (geschiedenen) Ehe stammt ihr Sohn Andreas (geb. 1955), der ebenfalls Schauspieler wurde. Ihre zweite Ehe mit dem Kaufmann und "Asbach-Erben" Günther Schmucker, geschlossen 1972, wurde bereits 1974 wieder geschieden. 1988 heiratete sie in dritter Ehe ihren langjährigen Freund, den amerikanischen Filmproduzenten und Millionär George Robotham, mit dem sie auch in den Vereinigten Staaten lebte. Nach dessen Erkrankung an Alzheimer zog sie mit ihm zurück nach Deutschland, wo er im Febr. 2007 in Bonn verstarb.
Werke
Filme (Auswahl): "Der schweigende Engel" (54; Regie: H. Reinl), "Solange Du lebst" (55; Regie: H. Reinl), "Zillertal, du bist mei Freud" (57; Regie: H. Reinl), "Skandal um Dodo" (57), "Die Bande des Schreckens" (60; Regie: H. Reinl), "Im Weißen Rössl" (60), "Der Fälscher von London" (61; Regie: H. Reinl), "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" (61; Regie: H. Reinl), "Der Schatz im Silbersee" (62; Regie: H. Reinl), "Der Teppich des Grauens" (62), "Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett" (62), "Zimmer 13" (63; Regie: H. Reinl), "Das Geheimnis der schwarzen Witwe" (63), "Ich habe sie gut gekannt" (65; Regie: Antonio Pietrangeli), "Wie tötet man eine Dame?" (66), "Winnetou II" (66; Regie: H. Reinl), "Die Nibelungen" (66; Regie: H. Reinl), "Man lebt nur zweimal" (66; Großbritannien), "Heimkehr nach Björndal" (67), "Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten" (68), "Topas" (69; Regie: Alfred Hitchcock), "Haie an Bord" (71), "Die Antwort kennt nur der Wind" (74), "Frauenstation" (76), "Johann Strauß - Der König ohne Krone" (87), "Ich bin die Andere" (06), "Die abhandene Welt" (15).
Fernsehrollen u. a.: "Der Chef" (70; USA; TV-Serie), "Al Mundy" (71; Großbritannien; TV-Serie), "Die große Freiheit" (92-93; RTL-Serie mit Hans-Joachim Kulenkampff), "Mein Freund, der Lipizzaner" (93), "Rosamunde Pilcher - Der Preis der Liebe" (97), "Rosamunde Pilcher - Ruf der Vergangenheit" (00), "Inga Lindström - Sehnsucht nach Marielund" (04), "Das Traumschiff" (10), "Rosamunde Pilcher - Herzensfragen" (11).
Theater (Auswahl): "Handicap" (76), "Fuchsjagd" (79), "Simone, der Hummer und die Ölsardine" (81), "Nathan der Weise" (83/84), "Bei Anruf Mord" (84), "Rosen und Vergissmeinnicht" (84), "Gipfeltreffen" (84/85), "Der Neurosenkavalier" (89), "Man liebt nur dreimal" (08).
Auszeichnungen
Auszeichnung: Sharlih-Preis (94; verliehen vom Karl-May-Archiv in Göttingen).