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Werner Kofler

österreichischer Schriftsteller
Geburtstag: 23. Juli 1947 Villach
Todestag: 8. Dezember 2011 Wien
Nation: Österreich

Internationales Biographisches Archiv 20/2012 vom 15. Mai 2012 (re)


Blick in die Presse

Herkunft

Werner Kofler wurde 1947 in Villach/Kärnten als Sohn eines Kaufmanns geboren.

Ausbildung

Die Lehrerausbildung in Klagenfurt brach K. nach vier Jahren ab.

Wirken

Er ging anschließend auf Reisen und war in den verschiedensten Berufen tätig. "Literatur herzustellen", begann er in den ersten 60er Jahren, ab 1968 war er als freier Schriftsteller tätig. Er debütierte als Lyriker und Hörspielautor, dann als Erzähler. 1975 veröffentlichte K. mit "Guggile" die "totale Autobiographie einer Jugend in Kärnten", die den Untertitel "Vom Bravsein und vom Schweinigeln. Eine Materialsammlung aus der Provinz" trug. Dieser schmale Band mit den oft zitierten einleitenden Worten: "alle personen, orte und begebenheiten sind wahrheitsgemäß 'erstunken und erlogen'" drehte sich um die enge häusliche Denk- und Lebensweise in einer Kärntner Kleinstadt, und wie in früheren Veröffentlichungen erprobte K. auch hier verschiedene literarische Verfahren wie die Montage oder Parodie. Die Schnitttechnik des Films verwandte er in seinem 1980 erschienenen Prosaband "Aus der Wildnis", der in zwei "Fragmenten" ("Am Kagalnik" und "Maskulin-Feminin") Leben und Treiben des Rekruten und Dichters Kirsch beim österreichischen Bundesheer beschreibt. "Das Besondere des Textes", so meinte Ulrich Weinzierl in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (18.3.1981), liegt "in der Art und Weise, wie Kofler durch die Verfremdung sprachlicher Muster, die Montage von Redensarten und Denkweisen hierarchische Strukturen freilegt, die keineswegs auf den Kasernenhof beschränkt sind."

"Eine Krankengeschichte" nannte K. sein 1978 erschienenes Buch "Ida H.", in dem er die Geschichte der schizophrenen Ida wiederum in der Schnitttechnik des Films erzählt. "Was Kofler hier und in anderen Werken gelingt", urteilte Franz Haas in der Frankfurter Rundschau (4.8.1990), "ist ein verbales Attentat auf die Absurdität des Tagtäglichen und ein Beweis für die Verschiebbarkeit der Grenze des Irrsinns." Eine Persiflage auf das literarische Genre des Kriminalromans stellte nach Kritikermeinung K.s Buch "Konkurrenz" (1984) um den mörderischen Scheidungskampf eines Ehepaares dar. Als Trilogie verstand K. seine Prosabücher "Am Schreibtisch" (1988), "Hotel Mordschein" (1989) und "Der Hirt auf dem Felsen" (1991), die 2005 als "Triptychon" neu aufgelegt wurden.

Als "vielleicht sein bestes" Buch stufte Franz Haas in der Neuen Zürcher Zeitung (2.12.1994) K.s Prosaband "Herbst, Freiheit" (1994) ein und führte zur Begründung an: "Weil der Autor hier ein wenig ablässt von seinen Gewalttouren durch Wortgebirge und polemisches Dickicht, weil er sich mehr beschränkt auf eigene Wunden, Fantasien und Träume, auf einen Haufen Fotografien und einen verbalen Wahngang rund um den Küchentisch seiner Kindheit." ZEIT-Rezensent Karl-Markus Gauß (7.10.1994) stellte zu diesem, im Untertitel als "ein Nachtstück" charakterisierten K.-Band fest: "Wie die meisten Bücher Koflers bietet auch 'Herbst, Freiheit' kurzweilige Lektüre, die Eloquenz, mit der er sich in Raserei gegen alles und jeden hineinsteigert, ist beachtlich, und wer wild um sich schlägt, trifft gewiss auch genügend Richtige."

In den 90er Jahren spielte der vielseitig talentierte Autor in seiner Prosa und in den Hörspielen immer wieder auf Skandale in Österreich an und schrieb wider die Erinnerungslosigkeit und Bewusstseinstrübungen seiner Zeit. Insbesondere kritisierte er das Verdrängen der NS-Vergangenheit in Österreich, so etwa in seinem 2001 in Klagenfurt uraufgeführten Theaterstück "Tanzcafé Treblinka", das auf der Geschichte eines Naziverbrechers basierte, der nach dem Krieg ein Tanzcafé betrieb. Daneben zählten Umweltzerstörung und Medienkritik, insbesondere an den Boulevardmedien, zu K.s Hauptthemen. Der Standard (12.7.2007) nannte ihn ein "Abrechnungsgenie – mit Kollegen, dem Kunstgewerbe und dem Gunstgewerbe, mit der Bussi-Gesellschaft, mit nie belangten Kärntner Nazi-Verbrechern, mit dem Tourismus und auch mit sich selbst". K. spielte in seinem literarischen Werk, dessen letzte beiden Veröffentlichungen die Textsammlung "In meinem Gefängnis bin ich selbst der Direktor" (2009) und "Zu spät" (2010) waren, auf Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft an, auf teils unbekanntere regionale und lokale Personen und berief sich auf autobiographische Themen und Texte anderer Autoren. Die Literaturkritik verglich ihn in seinem Stil mit Thomas Bernhard oder Karl Kraus. Das KLG notierte: "Koflers Verdichtungen und Verfremdungen legen die Unerträglichkeit alltäglicher Realität offen, seine Montagen antworten auf die Brüchigkeit des Erfahrungszusammenhangs, die Satire ist die einzig realistische Darstellung des normalisierten Wahnsinns, Litaneien helfen gegen die Litaneien erzieherischer Veranstaltungen, die Subversivität des Sprachwitzes bewahrt vor dem Untergang praktischer Vernunft" (10/2006).

Familie

K. starb am 8. Dez. 2011 nach langer, schwerer Krankheit in seiner Wahlheimat Wien.

Werke

Veröffentlichungen u. a.: "Guggile: vom Bravsein und vom Schweinigeln" (75), "Ida H. Eine Krankengeschichte" (78), "Aus der Wildnis" (80; Neuausgabe, 98), "ZELLARZBERG. Ein Exzess" (82; Bühnenstück), "Konkurrenz" (84; Roman), "Amok und Harmonie" (85), "Am Schreibtisch. Alpensagen / Reisebilder / Racheakte" (88), "Hotel Mordschein" (89), "Der Hirt auf dem Felsen" (91), "Konkurrenz. Szenen aus dem Salzkammergut" (96), "Üble Nachrede - Furcht und Unruhe" (97), "Manker. Invention" (99), "Mutmaßungen über die Königin der Nacht" (00; Roman), "Kalte Herberge. Bruchstück" (04), "Triptychon. Am Schreibtisch / Hotel Mordschein / Der Hirt auf dem Felsen" (05; Neuausgabe), "In meinem Gefängnis bin ich selbst der Direktor. Lesebuch" (09), "Zu spät" (10).

Theaterarbeiten u. a.: "ZELLARZBERG. Ein Exzess" (84; UA, Villach), "Tanzcafé Treblinka - Geschlossene Vorstellung" (01; UA).

Hörspiele u. a.: "Stimmen" (69; ORF), "Örtliche Verhältnisse" (70; SDR), "Vorgeschichte" (73; ORF), "Geschlossene Anstalt" (77; ORF), "Oliver" (80; ORF), "Feiner Schmutz, gemischter Schund. Ein Radioroman" (86; HR zus. m. Antonio Fian), "Der Erlöser. Eine Simulation" (89; HR, zus. m. A. Fian), "Was geschah mit der Königin der Nacht" (92; WDR), "In der Hauptstadt der Literatur" (94; ORF), "Biohotel, Pastorale" (94; ORF), "Furcht und Unruhe. Monolog" (97; ORF).

Literatur

Literatur u. a.: Klaus Amann (Hrsg.): "Werner Kofler. Texte und Materialien" (00), Ingo Käthner: Eintrag im Kritischen Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (10/2006), Claudia Dürr: "Die hohe Schule der Anspielung. Intertextualität im Prosawerk Werner Koflers (09).

Auszeichnungen

Auszeichnungen u. a.: Staatsstipendium (72/73 und 80/81), Theodor-Körner-Preis (76), Förderungspreis der Stadt Wien (80), Literaturförderpreis der Freien Hansestadt Bremen (81), Aufenthaltsstipendium des Senats und des Literarischen Colloquiums Berlin (81), Prix Futura Berlin (83), Elias-Canetti-Stipendium der Stadt Wien (87, 88 und 89), Österreichischer Würdigungspreis für Literatur (90), Großer Preis der Stadt Wien (91), Kulturpreis der Stadt Villach (92), Arno-Schmidt-Stipendium (95), Peter-Rosegger-Literaturpreis (01), Buch.Preis (04), Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse (08).

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften u. a.: K. war Mitglied der Grazer Autorenversammlung und der IG Autorinnen und Autoren.

Adresse

Letzte Adresse: c/o Sonderzahl Verlagsgesellschaft m.b.H., Große Neugasse 35/15, 1040 Wien, Österreich, Tel.: +43 1 5868070, E-Mail: verlag@sonderzahl.at, Internet: www.sonderzahl.at



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