Mircea Snegur
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Internationales Biographisches Archiv
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW
Mircea Ion Snegur, Sohn eines Kleinbauern, wurde 1940 im Dorf Trifeneşti im Kreis Floreşti in der damaligen Moldauischen Sozialistischen Sowjetrepublik geboren. Im gleichen Jahr wurde Bessarabien, einst Bestandteil des alten rumänischen Fürstentums Moldau, als Folge des Hitler-Stalin-Paktes von der Sowjetunion annektiert und mit der östlich des Dnjestr bereits bestehenden Autonomen Republik Moldau (Transnistrien) verbunden.
S. arbeitete sich bis zur Aufnahme zum Studium am Landwirtschaftsinstitut "M. W. Frunse" in der Hauptstadt Kischinew (rumänisch: Chişinău) im Jahre 1961 empor, wo er später auch den Grad eines Kandidaten der Agrarwissenschaften erlangte. Danach begann er als Leitender Agronom in der Kolchose "Weg zum Kommunismus" in seinem Heimatkreis zu arbeiten - inmitten des "Gemüsegartens" der knapp 34.000 km2 großen Moldauischen Republik, die Ende der 1980er Jahre bei Gemüse 35 %, bei Tabak 33 % und bei Obst 25 % der jeweiligen sowjetischen Gesamtmenge produzierte.
Von 1968 an war S. am Lehrstuhl für Ackerbau des Landwirtschaftsinstituts wissenschaftlich tätig. Später wurde ihm dessen Feldbau-Versuchsstation übertragen, bis er 1973 begann, in verschiedenen Führungspositionen im Ministerium für Agrarwirtschaft der Moldauischen SSR tätig zu sein, zuletzt, ab 1978, als Direktor für Ackerbau und Generaldirektor eines Instituts, das sich der Optimierung von Feldkulturen widmete.
1981 rief die Kommunistische Partei der Moldau ihn als hauptamtlichen Funktionär in ihren Apparat. 1985 wurde er schließlich für die Landwirtschaft zuständiger Sekretär des ZK der Moldauischen KP. Im Juli 1989 - der Puls nationalistischer Bewegungen und Autonomiebestrebungen schlug längst auch in Moldawien (Moldau) - wurde S. zum Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjet der Republik gewählt. Nachdem der orthodoxe KP-Führer Semjon Grossu am 7. Nov. 1989 anlässlich der Feierlichkeiten zum Jahrestag der Oktoberrevolution direkt von der Tribüne weg vertrieben worden war, erhielt S. am 27. April 1990 als Vorsitzender des Obersten Sowjet umfassende Vollmachten und wurde am 3. Sept. 1990 auf den vom Parlament neu eingerichteten Posten des Präsidenten der Republik berufen.
Nach den ersten weitgehend freien Parlamentswahlen am 25. Febr. 1990 war am 24. Mai 1990 eine Regierung unter Führung von Mircea George Druc gebildet worden, der zunehmend Reformdruck entwickelte und von der politisch dominanten, auf nationale Unabhängigkeit und die Wiedereinführung des lateinischen Alphabets und der rumänischen Sprache als Staatssprache drängenden "Moldauischen Volksfront" getragen wurde. Im Mai 1991 brachten von Plänen für eine neue Bodenverteilung, Verwaltungsreformen und Gewaltenteilung auf lokaler Ebene aufgeschreckte Kolchosbosse und orthodoxe Kommunisten Druc per Misstrauensantrag zu Fall, womit S. eines wichtigen Gegenspielers entledigt wurde.
Unter dem unmittelbaren Eindruck des gescheiterten Putsches gegen den sowjetischen Präsidenten
Aus den ersten direkten Präsidentenwahlen am 8. Dez. 1991, an denen sich ca. 83 % der Wahlberechtigten beteiligt hatten, ging S. als einziger Kandidat mit 98,2 % der Stimmen als Sieger hervor. Am 21. Dez. 1991 trat Moldau der neu gebildeten Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) bei. Im Febr. 1992 brachen Unruhen zwischen transnistrischen Russen und moldauischen Sicherheitskräften aus, worauf S. wenig später den Ausnahmezustand ausrief. Anfang April 1992 besetzten moldauische Truppen die hauptsächlich von Russen bewohnte Stadt Bendery (rumän. Tighina), worauf die 14. russische Armee den Russen in Transnistrien zu Hilfe kam. Als die Kämpfe im Juni 1992 eskalierten, ernannte der russische Präsident
Die Auseinandersetzungen um Transnistrien und die gestörten Handelswege in die GUS-Länder hatten die Wirtschaft von Moldau nachhaltig negativ beeinflusst. Große Teile der Bevölkerung fielen unter die Armutsgrenze und die Bemühungen S.s und der Regierung um ausländische Hilfen und Investitionen hatten anfangs wenig Erfolg. S. fühlte sich aber auch durch mangelnden Reformwillen der regierenden Agrardemokratischen Partei/PDAM behindert, verließ die Partei, gründete am 16.7.1995 die Partei der Nationalen Wiedergeburt und Eintracht und wurde einen Monat später zum Vorsitzenden gewählt. Die wirtschaftliche Talfahrt setzte sich fort. Das reale Inlandsprodukt sank 1994 um 31,2 %, 1995 nochmals um 3 %. Zur Unterstützung einer stabilitäts- und reformorientierten Wirtschaftspolitik bewilligte der Internat. Währungsfonds (IWF) am 20.5.1996 eine weitere Kreditlinie von 135 Mio. SZR. Die durchaus vorzeigbaren Fortschritte im Banken- und Währungssystem Moldaus hatten die Lage der Bevölkerung allerdings nicht verbessert. Im April 1996 betrug die Verschuldung des Staates etwa 70 Mio. US$. Der Durchschnittsmonatslohn von umgerechnet 33,3 US$ war einer der niedrigsten im ganzen postsowjetischen Raum. In der Zeit von 1994 bis 1995 sanken die Realeinkommen der Bevölkerung um 22,9 %.
Dem Versuch, wirtschaftlich Boden zu gewinnen, dienten verschiedene Auslandsreisen S.s. So besuchte er im Okt. 1995 auch die Bundesrepublik Deutschland. Auf dem Programm standen Gespräche mit Bundeskanzler
Innenpolitisch sah sich S. wachsender Kritik ausgesetzt. Einmal verfestigten sich die Strukturen im abtrünnigen Transnistrien, wo am 24.12.1995 in einem Referendum von 82,7 % der Teilnehmer die Unabhängigkeit bestätigt wurde, zum anderen scheiterte S. im Febr. 1996 mit seinem Vorschlag, Rumänisch statt (des nahe verwandten) Moldauisch als Staatssprache einzuführen.
Bei den zweiten Präsidentenwahlen im Nov./Dez. 1996 standen sich S. und Parlamentspräsident
2007 veröffentlichte S. seine Memoiren: "Labyrinth of Destiny: memoirs".
Am 13. Sept. 2023 starb S. nach schwerer Krankheit im Alter von 83 Jahren in Chișinău. Er war seit 1960 mit der im Dez. 2019 verstorbenen Georgeta Snegur verheiratet. Das Paar hatte zwei Kinder: Tochter Natalia Gherman, ebenfalls politisch engagiert, und einen Sohn.