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Marco Buschmann

Marco Buschmann

deutscher Politiker; Generalsekretär der FDP; Bundesminister der Justiz (2021-2024); Dr. jur.
Geburtstag: 1. August 1977 Gelsenkirchen
Nation: Deutschland - Bundesrepublik

Internationales Biographisches Archiv 05/2025 vom 28. Januar 2025 (fl)


Blick in die Presse

Herkunft

Marco Buschmann, röm.-kath., wurde am 1. Aug. 1977 in Gelsenkirchen geboren. Er wuchs dort in bescheidenen Verhältnissen auf, die fünfköpfige Familie teilte sich eine 70-qm-Wohnung mit der kranken Großmutter. Dennoch verband er positive Erinnerungen mit seiner Kindheit: Arm habe er sich nie gefühlt, oft sogar reicher als andere (focus.de, 6.12.2021).

Ausbildung

Nach dem Abitur 1997 am Max-Planck-Gymnasium in Gelsenkirchen leistete er Zivildienst in einem Altenpflegeheim der Caritas. Anschließend studierte er bis 2004 Jura in Bonn, absolvierte sein Rechtsreferendariat am Landgericht Essen und legte 2007 das Zweite Staatsexamen ab. 2016 promovierte er an der Universität Köln "summa cum laude" zum Dr. jur. mit der Arbeit "EuGH und Eigentumsgarantie". Seine Wehrdienstverweigerung zog er 2019 zurück und nahm an einer Wehrübung teil, um einen Einblick in die Bundeswehrausbildung zu bekommen, u. a auch angesichts der veränderten Weltlage (vgl. sueddeutsche.de, 19.7.2019).

Wirken

Politische Anfänge2007-2014 war B. als Rechtsanwalt bei der internationalen Sozietät White & Case LLP in Düsseldorf angestellt, ab Nov. 2009 ruhte das Arbeitsverhältnis wegen seines Bundestagsmandats (s. u.). Später arbeitete er als selbstständiger Anwalt. Bereits 1994 war er der Freien Demokratischen Partei (FDP) und den Jungen Liberalen (JuLis) beigetreten. Bei den JuLis engagierte er sich 1995-1998 als Pressesprecher in Gelsenkirchen, ab 1996 fünf Jahre lang als stellv. Landesvorsitzender für Programmatik in Nordrhein-Westfalen (NRW) und 1998-2003 als Mitglied im erweiterten Bundesvorstand. Zudem zog er 1998 als Beisitzer in den Bezirksvorstand der FDP Ruhr ein und wurde 2006 deren Pressesprecher. Von 2010 an fungierte er überdies als Kreisvorsitzender der FDP Gelsenkirchen, nachdem er dort ab 2004 einen Vizeposten innehatte.

Bundestagsabgeordneter und FDP-Generalsekretär in NRWNach zwei erfolglosen Anläufen 2002 und 2005 gewann B. bei der Bundestagswahl 2009 ein Listenmandat für die FDP, die damals ein Rekordergebnis von 14,6 % der Stimmen einfuhr und in eine schwarz-gelbe Regierungskoalition unter der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eintrat. B. profilierte sich im Bundestag als Experte für Verfassungs- und Wirtschaftsrecht, leitete die Arbeitsgruppe Recht in der FDP-Fraktion und wurde Mitglied im Rechts- und Finanzausschuss. Als Juniorpartner der Regierung verlor die FDP indes rasch an Popularität, was nach Beobachtermeinung v. a. daran lag, dass sie ihre Steuersenkungsversprechen inmitten der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise (ab 2008) kaum umsetzen konnte.

Gegen den Bundestrend gelang den Liberalen jedoch in NRW bei der vorgezogenen Landtagswahl vom Mai 2012 ein Überraschungserfolg (8,6 %) mit ihrem Spitzenkandidaten und Landesparteichef Christian Lindner, der dann B. als neuen Generalsekretär vorschlug, als der bisherige Amtsinhaber Joachim Stamp in den Fraktionsvorstand einzog. Im Juni löste B. ihn kommissarisch ab und wurde im Dez. 2012 auf einem Sonderparteitag von 86 % der Delegierten offiziell ins Amt gewählt, das er bis April 2014 innehatte. In NRW galten der Parteichef und sein Vertrauter B. als erfolgreiches Tandem in der Oppositionsarbeit: "Lindner der Dauerredner, Buschmann der Stratege" (Cicero, 2/2017).

"Strippenzieher" der FDP im BundNachdem die FDP bei der Bundestagswahl im Sept. 2013 an der 5%-Hürde scheiterte und somit erstmals seit 1949 nicht mehr im Parlament vertreten war, übernahm Lindner als Nachfolger des zurückgetretenen Bundesparteichefs Philipp Rösler die schwierige Aufgabe, die Partei wieder aufzurichten. B. hielt ihm hierbei als Bundesgeschäftsführer (ab Juni 2014) den Rücken frei, kümmerte sich um die organisatorische Restrukturierung der Partei und trieb auch die werbliche und programmatische Neuaufstellung mit voran, in der es u. a. darum ging, die verengte öffentliche Wahrnehmung als "Steuersenkungspartei" zu korrigieren. Ab 2015 zeichnete sich eine Trendwende für die FDP bei Landtagswahlen ab, und bei der Bundestagswahl im Sept. 2017 gelang ihr schließlich ein triumphaler Wiedereinzug ins Parlament mit 10,7 % der Stimmen.

Auch B. kehrte in den Bundestag zurück, gab sein Parteiamt an Marco Mendorf ab und wurde in der von Lindner geführten FDP-Fraktion im Okt. 2017 zum Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer gewählt. Außerdem zählte B. zum Kernteam seiner Partei bei den Sondierungen für eine schwarz-grün-gelbe "Jamaika"-Koalition, die auf Bundesebene ein Novum gewesen wäre, letztlich aber an der FDP scheiterte. Im Ergebnis kam es zu einer Neuauflage von Schwarz-Rot, erst im März 2018 wurde das Kabinett Merkel IV vereidigt. B. engagierte sich insbesondere für den Schutz der Bürgerrechte und eine entsprechende Überprüfung von Sicherheitsgesetzen, die im Zuge der Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung in den letzten Jahren verschärft worden waren. Innerhalb der Fraktion erwarb sich B. je nach Sichtweise einen Ruf als messerscharfer Analytiker und "Super-Gehirn der Partei" (focus.de, 6.12.2021) oder auch als "harter Lehrer" und Strippenzieher mit Controller-Attitüde (SPIEGEL, 25.7.2020). Schon bald hatte die FDP erneut mit sinkenden Umfragewerten zu kämpfen, als Themen wie die Asylpolitik nach der sog. Flüchtlingskrise (Rekordzuwanderung 2015), die Klimakrise (Schulstreiks der Klimaschutzbewegung "Fridays for Future" ab 2018) und schließlich die Coronavirus-Pandemie ab Frühjahr 2020 die öffentlichen Debatten beherrschten.

Coronakrise und Bundestagswahl 2021Je länger die weltweit grassierende Pandemie dauerte, die auch in Deutschland mit weitreichenden Kontaktbeschränkungen bekämpft wurde (u. a. Schließung von Geschäften, Gastronomie, Bildungs- und Kulturstätten), desto mehr gelang es der FDP, sich als Freiheits- und Bürgerrechtspartei mit scharfer Kritik an den massiven Grundrechtseingriffen Gehör zu verschaffen. Mit 80 FDP-Abgeordneten klagte B. vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen die gesetzliche "Bundesnotbremse", die bei angespannter Infektionslage im April 2021 als Antwort auf die uneinheitliche Länderpraxis in der Pandemiebekämpfung beschlossen wurde. Als Mitglied der Steuerungsgruppe der Programmkommission wirkte B. maßgeblich am FDP-Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021 mit. Wie schon 2017 setzten die Freidemokraten besonders auf die Themen Bildung und Digitalisierung, die durch die monatelangen Schul- und Universitätsschließungen neue Dringlichkeit erfahren hatten. Bei der Wahl im Sept. 2021 schnitt die FDP v. a. bei jungen Wählern stark ab, insgesamt konnte sie leicht zulegen auf 11,5 % (+0,8) und überholte damit die rechtspopulistische, in Teilen rechtsextreme AfD (10,3 %; -2,3). Stärkste Kraft wurde die SPD mit 25,7 % (+5,2) Stimmenanteil. Die CDU/CSU stürzte auf 24,1 % (-8,9) ab, auf dem dritten Platz landeten die GRÜNEN (14,8 %; +5,9). B. zählte wieder zum Kernteam der FDP, als über eine "Ampelkoalition" mit SPD und GRÜNEN verhandelt wurde.

Berufung zum BundesjustizministerNachdem der Koalitionsvertrag unterzeichnet und von Parteitagen (SPD, FDP) bzw. Mitgliedern (GRÜNE) gebilligt war, wählte der Bundestag am 8. Dez. 2021 den bisherigen Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zum neuen Regierungschef. Die FDP hatte sich vier Ressorts im Kabinett gesichert, darunter für Lindner das Finanz- und für B. das Justizministerium. B. war bereits der neunte von der FDP gestellte Bundesjustizminister und löste die SPD-Ministerin Christine Lambrecht ab, die ins Verteidigungsressort wechselte. In seinem neu zugeschnittenen Ressort gab B. den Verbraucherschutz ab ans Umweltministerium (Steffi Lemke; GRÜNE) und erhielt dafür aus dem Bundeskanzleramt die Zuständigkeiten für Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung. Damit zog auch der in diesen Fragen beratende Nationale Normenkontrollrat ins Justizministerium um.

Corona-Maßnahmen Noch bevor die Ampelkoalition stand, ergab sich dringender Handlungsbedarf durch eine neue, vierte Pandemiewelle, die auch durch die Ende 2020 angelaufene Impfkampagne nicht mehr ausreichend einzudämmen war. Da die 2020 vom Bundestag festgestellte und mehrfach verlängerte "epidemische Lage von nationaler Tragweite" bereits im Nov. 2021 auslief, verabschiedeten die Ampel-Parteien eine Novelle des Infektionsschutzgesetzes, in der die "epidemische Lage" nicht verlängert wurde. Dies sorgte für Kritik zu einer Zeit, als die Neuinfektionszahlen jeden Tag Rekorde brachen. B. verteidigte die Novelle mit ihrem Ansatz, pauschale Lockdowns zu vermeiden und stattdessen eine neue Rechtsgrundlage für gezieltere Maßnahmen zu schaffen, wie etwa die 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet) am Arbeitsplatz und im öffentlichen Nahverkehr. Das BVerfG-Urteil vom Nov. 2021, das die im Juni ausgelaufene "Bundesnotbremse" für rechtmäßig erklärte, interpretierte B. als Bestätigung für den "sehr weiten Spielraum" des Gesetzgebers (WELT, 3.12.2021).

Angesichts der anhaltenden Infektionslage galten bald wieder verschärfte Corona-Regeln (z. B. Einschränkung auf "2G"), im Dez. 2021 wurde eine einrichtungsbezogene Impfpflicht für Personal in Gesundheits- und Pflegeberufen beschlossen. B. hatte sich auch offen für eine weitergehende Impfpflicht gezeigt, die in seiner Fraktion allerdings hoch umstritten war. Auf B.s Verfahrensvorschlag beruhte dann die Bundestagsabstimmung vom April 2022, in der die Abgeordneten frei nach ihrem Gewissen (d. h. ohne Fraktionsbindung) entscheiden konnten und eine Impfpflicht für alle über 60-Jährigen schließlich ablehnten. Im Sommer 2022 einigte sich B. mit dem Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf eine weitere Reform des Infektionsschutzgesetzes, die den Impfschutz und die Maskenpflicht ins Zentrum stellte und den Ländern eine angepasste Umsetzung je nach Infektionslage zubilligte. Dieser Rechtsrahmen galt bis April 2023, einige Schutzmaßnahmen konnten bereits vorzeitig ausgesetzt werden.

Gesellschaftspolitische Reformen Zu den Projekten, die B. besonders wichtig waren, zählten gesellschaftspolitische Reformen, die sich die selbst ernannte "Fortschrittskoalition" auf die Fahnen geschrieben hatte. Zu seinen ersten Amtshandlungen zählte ein Gesetzentwurf zur Abschaffung des "Werbeverbots" für Schwangerschaftsabbrüche (§ 219a StGB), das bisher auch ärztliche Informationsangebote zu diesem Thema unter Strafe stellte. Der Bundestag beschloss die Aufhebung des § 219a im Juni 2022. Keine Einigung in der Koalition gab es über den umstrittenen § 218, wonach Abtreibungen grundsätzlich rechtswidrig, aber unter bestimmten Voraussetzungen straffrei waren. Als eine von der Regierung eingesetzte Kommission die Entkriminalisierung des Abbruchs in der Frühphase einer Schwangerschaft empfahl, äußerte sich B. zurückhaltend und verwies auf rechtliche sowie ethische Schwierigkeiten (zeit.de, 15.4.2024).

Aus dem ressortübergreifenden, 2022 beschlossenen Aktionsplan "Queer leben" folgte die 2024 umgesetzte Initiative, das Transsexuellengesetz abzuschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz zu ersetzen. Damit konnten trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Personen per einfacher Erklärung beim Standesamt ihren Geschlechtseintrag ändern lassen, wofür bisher ein Gerichtsverfahren mit zwei Gutachten nötig war. Auch das Namensrecht wurde flexibilisiert (z. B. Möglichkeit eines gemeinsamen Doppelnamens für Eheleute und ihre Kinder). Zu den großen Versprechen der Koalition zählte überdies ein moderneres, der Vielfalt der Lebensentwürfe angepasstes Familienrecht. Ein zentrales Anliegen der FDP war hierbei eine gesetzliche Verankerung von "Verantwortungsgemeinschaften" sich nahestehender Personen, die nicht verheiratet, verpartnert oder linear verwandt sind. Im Febr. 2024 legte B. ein Eckpunktepapier zur Förderung solcher "Wahlverwandtschaften" vor. Hinzu kamen Reformentwürfe zum Abstammungs-, Kindschafts- und Unterhaltsrecht, wonach u. a. geplant war, lesbische Mütter rechtlich heterosexuellen Eltern gleichzustellen, die Rechtsposition leiblicher Väter im Trennungsfall zu stärken, die Adoption von Kindern auch Unverheirateten zu ermöglichen und den Schutz vor häuslicher Gewalt im Sorge- und Umgangsrecht zu verbessern. Streit gab es v. a. um B.s Entwurf zur Neuregelung des Unterhaltsrechts für Trennungsfamilien, der Nachlässe beim Kindesunterhalt vorsah, wenn sich der zahlende Elternteil (meist der Vater) substanziell an der Betreuung des Kindes beteiligt. Die mit zuständige grüne Familienministerin Lisa Paus befürchtete hierbei Nachteile für Alleinerziehende. All diese Gesetzesinitiativen hatten allerdings nach dem vorzeitigen Ende der Koalition (s. u.) keine Chance mehr, den Bundestag zu passieren. Die Süddeutsche Zeitung, die B.s Ressort anfangs als "Ministerium für sozialen Wandel" etikettiert hatte (19.7.2022), sprach daher von einem "Totalschaden bei der Familienpolitik" (18.11.2024).

Strafrecht und Sicherheitspolitik Die richtige Balance von Freiheit und Sicherheit, schon lange ein Streitthema in Koalitionen mit FDP-Beteiligung, beschäftigte auch die Ampel. So waren gesetzliche Regelungen für eine anlasslose Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten wegen rechtlicher Bedenken seit Jahren ausgesetzt. Den Streit zwischen B. und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) konnte letztlich auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2022 nicht beilegen. Faeser wollte zumindest den Spielraum nutzen, den das Gericht für eine Vorratsspeicherung von IP-Adressen ließ, um schwere Straftaten zu verfolgen; B. jedoch setzte sich im Kabinett mit dem Vorschlag des sog. Quick-Freeze-Verfahrens durch, bei dem bestimmte Daten nur im Verdachtsfall auf richterliche Anordnung "eingefroren" werden können, und legte im Okt. 2024 einen entsprechenden Gesetzentwurf vor. Zu weit ging manchen allerdings das 2023 von B. vorgeschlagene "Gesetz gegen digitale Gewalt", womit es Betroffenen von Hetze, Bedrohungen und Beleidigungen im digitalen Raum erleichtert werden sollte, ihre Rechte durchzusetzen, etwa durch Auskünfte über die Identität anonymer "Hater". Ein zentrales Projekt in B.s Ressort war die Modernisierung des Strafrechts. Im Okt. 2024 lag dazu ein Referentenentwurf vor, der u. a. eine sprachliche Neufassung des noch aus der NS-Zeit stammenden Mordparagraphen enthielt, die Regelungen zur sog. Unfallflucht im Straßenverkehr liberalisierte und das Fahren ohne Fahrschein zur Ordnungswidrigkeit herabstufte. Verabschiedet wurde im Juni 2023 eine Änderung des Sanktionenrechts, die u. a. eine strafverschärfende Berücksichtigung von frauenfeindlichen bzw. geschlechterspezifischen Tatmotiven vorsah. Ein Gesetzentwurf zur digitalen Dokumentation strafgerichtlicher Hauptverhandlungen, die bisher nur in Form handschriftlicher Notizen erfolgte, sollte Tonmitschnitte und elektronische Transkripte verpflichtend machen, stieß aber im Bundesrat auf Kritik und landete 2024 im Vermittlungsausschuss.

Eine Vorreiterrolle nahm Deutschland bei der Verfolgung von Völkerstraftaten nach dem Weltrechtsprinzip ein und zählte zu den ersten Ländern, die nach der russischen Invasion in der Ukraine (2/2022) Beweise für Kriegsverbrechen sicherten. B. führte dazu auch Gespräche mit seinem Amtskollegen Merrick Garland in den USA. Angesichts der neuen internationalen Sicherheitslage war die Freilassung eines 2021 in Berlin verurteilten russischen Staatsterroristen (sog. "Tiergartenmörder") im Rahmen eines 2024 von den USA mit Moskau verhandelten Gefangenenaustausches laut B. die schwerste Entscheidung seiner politischen Karriere (stern, 8.8.2024). Gegen die Freilassung sprach sich der neue Generalbundesanwalt Jens Rommel aus, den B. nominiert hatte, nachdem der bisherige Amtsinhaber Peter Frank Ende 2023 Richter am BVerfG geworden war.

Bürokratieentlastung Strittig zwischen Bund und Ländern waren Investitionen in eine verbesserte Ausstattung der Justizbehörden, den entsprechenden Stellenaufbau und die geplante Digitalisierung der Justiz - dies auch vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage, in der die FDP nach der Coronakrise wieder auf der Einhaltung der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse bestand, trotz gravierender neuer Herausforderungen durch den Russland-Ukraine-Krieg und die wirtschaftlichen Folgen. Lindner forderte als Finanzminister v. a. Steuerentlastungen und Bürokratieabbau für Unternehmen, um die lahmende Konjunktur in Deutschland wieder anzukurbeln. B. sprach in Interviews (z. B. FAZ, 21.12.2023) oft von einem "Bürokratie-Burnout". Bei einer Kabinettsklausur 2023 wurde das sog. Meseberger Entlastungspaket beschlossen, zu dem B.s Ressort mit dem 2024 verabschiedeten Bürokratieentlastungsgesetz (dem vierten seit 2015) einen zentralen Baustein beisteuerte. Aus den Reihen der Wirtschaft wurde dies als noch nicht ausreichend kritisiert; B. verwies allerdings darauf, dass gut 60 % der bürokratischen Lasten in Deutschland aus EU-Recht stammten. Er war maßgeblich beteiligt an den Verhandlungen um die EU-Lieferkettenrichtlinie, die zum Ziel hatte, Menschenrechte und Umwelt in der globalen Wirtschaft besser zu schützen. Nach dem Ende 2023 erzielten EU-Kompromiss stellte sich die FDP jedoch vor der finalen Abstimmung unter den Mitgliedstaaten im Febr. 2024 quer und führte als Grund erhebliche finanzielle, aber auch bürokratische Mehrbelastungen für Unternehmen an. Nach weiteren Verhandlungen fand eine abgeschwächte Version der Richtlinie im Folgemonat doch noch die nötige Mehrheit, wobei sich Deutschland aufgrund der Blockadehaltung der FDP enthielt.

Wahlrechtsreform Nachdem der Bundestag 2021 mit 733 Abgeordneten eine Rekordgröße erreicht hatte, setzte die Ampelkoalition eine von B. und der FDP seit langem geforderte Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Parlaments um. Die 2023 vom Bundestag beschlossene Reform schaffte die bisherigen Überhang- und Ausgleichsmandate ab; das neu eingeführte Zweitstimmendeckungsverfahren bedeutete jedoch, dass Kandidierende mit den meisten Erststimmen in einem Wahlkreis keine Garantie mehr auf ein Bundestagsmandat hatten. Besonders die CSU und die LINKE sahen sich dadurch im Nachteil. Nach einer Verfassungsklage billigte das BVerfG im Juli 2024 große Teile der Reform, kippte aber die vorgesehene Streichung der Grundmandatsklausel. Damit galt für die nächste Wahl vorerst weiterhin die Regelung, dass eine Partei mit unter 5 % Zweitstimmenanteil trotzdem in den Bundestag einzieht, wenn sie mind. drei Direktmandate gewonnen hat.

Bruch der Koalition und Rücktritt als MinisterEine Niederlagenserie für die FDP in Landtagswahlen und die gleichzeitigen Wahltriumphe der AfD führten dazu, dass die FDP innerhalb der Koalition zusehends auf Abgrenzung bedacht war. So schlugen die Liberalen u. a. in der Migrationsdebatte härtere Töne an, um sich zu profilieren. Neben den Geflüchteten aus der Ukraine - allein 2022 über eine Mio. Menschen, die kein Asylverfahren durchlaufen mussten - war in Deutschland auch die Zahl der Asylsuchenden aus Ländern wie Syrien, Afghanistan und Iran wieder gestiegen. Die FDP reagierte darauf v. a. mit Forderungen nach einer Dämpfung der "Pull-Faktoren" (Fluchtanreize), etwa durch eine Absenkung der Sozialleistungen für Asylsuchende. Hierfür sahen B. und Lindner noch viele nicht ausgeschöpfte rechtliche Spielräume, wie sie in einem gemeinsamen Artikel aufzeigten (WamS, 19.10.2023: "Für eine neue Migrations-Realpolitik").

Ein erbitterter Koalitionsstreit über die Wirtschafts- und Haushaltspolitik führte Anfang Nov. 2024 zum Bruch der Ampelkoalition. Nachdem ein Grundsatzpapier Lindners mit offensiven Forderungen nach einer "Wirtschaftswende" publik geworden war, wurde dieser als Finanzminister aus dem Scholz-Kabinett entlassen. In der Folge traten auch B. und die liberale Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger zurück, der Parteikollege Volker Wissing behielt hingegen überraschend sein Amt als Verkehrsminister, trat dafür aus der FDP aus und übernahm dann zusätzlich das vakante Justizressort im verbliebenen rot-grünen Minderheitskabinett. B. sprach davon, dass der Kanzler in den letzten Stunden der Ampel-Regierung ultimativ auf eine Aussetzung der Schuldenbremse gedrängt habe und er als Justizminister "nicht einfach auf Zuruf" einer Maßnahme habe zustimmen können, bei der ein hohes Risiko des Verfassungsbruchs bestehe (NZZ, 18.11.2024).

Da es keine Mehrheit für ein konstruktives Misstrauensvotum gab, das die Wahl einer neuen Regierung im Bundestag erlaubt hätte, waren Neuwahlen unausweichlich. Die Fraktionsspitzen von Union und SPD einigten sich dann auf einen Wahltermin am 23. Febr. 2025. Um die vorgezogene Bundestagswahl einzuleiten, stellte Scholz am 16. Dez. 2024 die Vertrauensfrage im Parlament, die er plangemäß verlor. Drei Tage später beschloss der Bundestag noch eine Grundgesetzänderung zur Stärkung der Resilienz des BVerfG. Wichtige Regeln zur Stellung und Struktur des Gerichts wurden damit in der Verfassung verankert und konnten künftig nicht mehr mit einfacher Mehrheit geändert werden. Darauf hatte sich die Ampel-Regierung mit der Unionsfraktion bereits im Juli 2024 unter Federführung von B. verständigt, um das höchste Gericht vor einer Einflussnahme durch extreme Parteien zu schützen, wie es u. a. in Polen und Ungarn zu beobachten war.

FDP-Generalsekretär Als Ende Nov. 2024 ein internes "Arbeitspapier" der FDP öffentlich wurde, in dem "D-Day-Ablaufszenarien" für einen Koalitionsbruch durchgespielt wurden, trat der Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zurück. Er wie auch Lindner und B. bestritten jedoch, von diesem Papier Kenntnis gehabt zu haben, wobei B. später nicht mehr ausschließen wollte, dass der aus dem Militärjargon stammende Begriff "D-Day" in FDP-Besprechungen gefallen sein könnte (vgl. FAZ, 12.12.2024). Der Vorgang löste breite Empörung aus und beschädigte die Glaubwürdigkeit der Parteiführung, auch hinsichtlich ihrer Strategie, die Verantwortung für das Scheitern der Regierung dem Kanzler Scholz zuzuschreiben. Dennoch blieb Lindner als Parteichef vorerst unangefochten. Er nominierte B. Anfang Dez. 2024 als neuen Generalsekretär und berief ihn damit auch zum wichtigsten Wahlkampfmanager der FDP, die laut Umfragen um ihren Wiedereinzug in den Bundestag bangen musste (vgl. SZ, 2.12.2024: "Keine ganz einfache Aufgabe"; FAZ, 3.12.2024: "Lindners Krisenmanager"). B. hatte aus Mediensicht in bisherigen Ämtern bewiesen, dass er "organisieren und auch TV-Auftritte bestreiten" könne, wenngleich Parteifreunde seinen Stil zuweilen "dozierend" oder zu kompliziert fanden (vgl. Hbl., 2.12.2024). Noch im Dezember stellten B. und Lindner die Kampagne zur Bundestagswahl unter dem Motto "Alles lässt sich ändern" vor und äußerten ihre Präferenz für eine schwarz-gelbe Koalition. Neben der Wirtschaftswende zählten die Eindämmung irregulärer Migration und ein "schlanker Staat" zu den zentralen Forderungen. Für den 9. Febr. 2025 war ein außerordentlicher Bundesparteitag geplant.

Familie

B. ist seit 2014 mit der Juristin Dr. Janina Hatt verheiratet, die bis 2021 für den Nationalen Normenkontrollrat arbeitete und danach als Beamtin ins Finanzministerium wechselte. Der praktizierende Katholik B. bezeichnet sich als Leseratte ("Book Addict"). Gerne kokettiert er mit seinem "Büroklammer"-Image als braver Aktenmensch, der ein ungewöhnliches Hobby als Musikproduzent und Liedermacher pflegt: "Manchmal mag ich es, kommunikative Klischees zu brechen, manchmal bediene ich sie" (FAZ, 29.8.2022). Seine Elektromusikstücke sind unter dem Label "MBSounds" im Internet (soundcloud.com) zu finden; zum Ampel-Aus veröffentlichte er 2024 den Track "Gehen, um zu stehen".

Werke

Veröffentlichungen: "Die sterbliche Seele der Freiheit: Zur Verteidigung der liberalen Demokratie" (20), "Reformagenda und Krisenherausforderung: Die rechtspolitische Agenda der 20. Legislaturperiode" (22).

Mitgliedschaften

Mitgliedschaft: FDP-Präsidium (ab 17).

Adresse

c/o FDP, Bundesgeschäftsstelle, Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin, Tel.: 030 28495861, E-Mail: marco.buschmann@fdp.de, Internet: https://www.fdp.de



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