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Jonathan Schwartz

Jonathan Schwartz

amerikanischer Industriemanager; Sun Microsystems (Vorstandsvorsitzender 2006-2010)
Geburtstag: 20. Oktober 1965
Nation: Vereinigte Staaten von Amerika (USA)

Internationales Biographisches Archiv 25/2010 vom 22. Juni 2010 (wk)


Blick in die Presse

Herkunft

Jonathan Ian Schwartz wurde am 20. Okt. 1965 als Sohn einer indisch-walisischen Mutter und eines russisch-ungarischen Vaters geboren.

Ausbildung

Sch. studierte Volkswirtschaft und Mathematik an der Wesleyan University in Connecticut.

Wirken

Nach Abschluss seines Studiums im Jahre 1987 startete S. seine Karriere bei der Unternehmensberatungsfirma McKinsey in New York, wo er zwei Jahre lang tätig war. 1989 gründete er dann zusammen mit Partnern die Softwarefirma Lighthouse Design, ein Spezialist für das Betriebssystem "Nextstep", der bereits Anfang der 90er Jahre seine Programme über das Internet vertrieb. Als Lighthouse 1996 vom Branchenriesen Sun Microsystems übernommen wurde, wechselte der Mathematiker und Volkswirt mit zum Sun-Sitz ins kalifornische Santa Clara und war dort zunächst als Marketing-Direktor verantwortlich für die Vermarktung der 1995 geschaffenen objektorientierten und systemunabhängigen Programmiersprache Java. Nachdem S. verschiedene andere Funktionen innerhalb des Konzerns durchlaufen hatte, wurde er 2004 als Chief Operating Officer für das Tagesgeschäft zuständig und war damit die rechte Hand von Vorstandschef Scott McNealy.

Sun – eine Abkürzung für "Stanford University Network" – war im Febr. 1982 von McNealy, Andy Bechtolsheim, Bill Joy und Vinod Khosla, hauptsächlich Studenten der Stanford University, in der kalifornischen Technologiehochburg "Silicon Valley" gegründet worden. In den 90er Jahren hatte Sun Microsystems mit einem geschlossenen System aus hauseigener Software, dem eigenen Betriebssystem "Solaris" und leistungsfähigen Workstations und Servern einen steilen Aufstieg erlebt und war zu einer der erfolgreichsten Adressen in der Branche geworden, bevor das Unternehmen im Zuge der IT-Krise ab 2001 mit dem Verlust vieler Kunden im Hardwarebereich einen starken Geschäftseinbruch zu verzeichnen hatte und gegenüber preiswerteren Systemen der Konkurrenten IBM, Dell und Hewlett-Packard ins Hintertreffen geraten war. Zudem hatte sich das frei zugängliche Betriebssystem Linux negativ auf die Sun-Anwendungen auf Solaris-Basis ausgewirkt. Als strategischer Fehler galt es, sich in härteren Zeiten nicht auf das Soft- oder Hardwaregeschäft zu konzentrieren, weswegen in beide Sparten viel Geld für Forschung und Entwicklung geflossen war. Bis 2002 waren der Konzernumsatz um über ein Drittel und der Sun-Weltmarktanteil bei Servern von 13 % auf 10 % gesunken. Das Unternehmen war in die Verlustzone gerutscht und der Kurs der Sun-Aktie seit dem Höchststand von 64 US$ im Jahr 2000 um mehr als 90 % gefallen.

In dieser Situation übergab McNealy nach 22 Jahren an der Spitze des Unternehmens 2006 seinen Posten an Sch. ab, der schon seit längerem als potenzieller Nachfolger des Firmenmitbegründers gehandelt worden war. Dennoch beschrieb die Frankfurter Allgemeine (26.4.2006) den Führungswechsel angesichts der "schillernden Persönlichkeit" des scheidenden Chefs, der zu der Gründergeneration der US-Computerindustrie gezählt hatte, als einen "geradezu historischen Moment" in Silicon Valley. Erst in den letzten Jahren seiner Zeit an der Spitze des Konzerns hatte McNealy dringend nötige Reformen eingeleitet und beispielsweise das Sun-Betriebssystem Solaris als Open-Source-Software kostenfrei zugänglich gemacht und die Produktpalette erneuert.

Sch. baute das zum Zeitpunkt seines Amtsantritts fast 38.000 Beschäftigte zählende und als "Dauer-Sorgenkind der Technologiebranche" (FAZ, 3.5.2008) geltende einstige Vorzeigeunternehmen noch weiter um, strich zur Kostensenkung 5.000 Stellen und startete gleichzeitig eine Produktoffensive im Bereich energiesparender Rechner. Außerdem bezog der Konzern nun auch Chips des Marktführers Intel, nachdem Sun zuvor ausschließlich Bauteile der Firma AMD sowie selbst entwickelte Chips verwendet hatte. Sch. beschleunigte generell die Öffnung des Unternehmens gegenüber fremder Hard- und Software, was die Frankfurter Allgemeine (3.7.2007) mit den Worten kommentierte: "Er predigt nun die totale Flexibilität, jede Kombination von Sun-Produkten mit Komponenten anderer Hersteller soll möglich sein." Im Jan. 2007 wurde bekannt, dass die Investmentfirma Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) 700 Mio. US$ in eine Wandelanleihe von Sun investiert hatte und einen Vertreter in den Verwaltungsrat entsenden sollte.

Im Geschäftsjahr 2006/2007 schrieb Sun Microsystems erstmals seit 6 Jahren wieder schwarze Zahlen. Nach einem Verlust von 864 Mio. US$ im Vorjahr erwirtschaftete das Unternehmen einen Gewinn von 473 Mio. US$. Der Umsatz des viertgrößten Herstellers von Netzrechnern stieg dabei um 6,2 Prozent auf 13,9 Mrd. US$, wobei die Sun-Aktie vorübergehend beinahe 10 % im Plus gelegen hatte. Die Kosten des Konzerns im operativen Geschäft wurden um 25 % auf 1,49 Mrd. US$ gedrückt. Anfang 2008 verkündete Sun seinen Einstieg in den lukrativen Datenbank-Markt und übernahm für eine Mrd. US$ den schwedischen Anbieter MySQL, den Marktführer bei den Open-Source-Datenbanken mit mehr als 100 Mio. Downloads.

Große Aufmerksamkeit erzielte Sch. auch mit seinem Internettagebuch, bestehend aus Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen der Branche, das zu einem der prominentesten Weblogs eines US-amerikanischen Managers wurde. "An einem guten Tag habe ich 60.000 Leser. Mit so vielen Leuten könnte ich anders nie an einem Tag kommunizieren" (FAZ, 3.7.2007), unterstrich Sch. die Bedeutung seiner Online-Aktivitäten, die er später jedoch zwischenzeitlich ganz auf Eis legen sollte.

Nachdem Branchenbeobachter das von Sch. wieder in die Gewinnzone geführte Unternehmen eigentlich schon auf dem Weg zum Umschwung gesehen hatten, musste Sun dann jedoch nach fünf Quartalen mit Gewinn – aber dabei stets mangelndem Umsatzwachstum – für den Zeitraum von Jan. bis März 2008 erstmals wieder einen Verlust (-34 Mio. US$) vermelden. Sch. ("Ich bin enttäuscht", SZ, 4.5.2008) machte dafür die Kaufzurückhaltung auf dem Heimatmarkt Nordamerika verantwortlich. So war der US-Umsatz um fast 10 % eingebrochen. Vor allem im Geschäft mit Netzwerkrechnern und Datenspeicherlösungen in oberen Preisklassen habe Sun einen Rückgang gespürt. Als Reaktion kündigte der Konzern einen 2.500 Arbeitsplätze umfassenden Stellenabbau an. Für die Frankfurter Allgemeine (3.5.2008) stand Sch. "vor seiner ersten großen Bewährungsprobe an der Sun-Spitze".

Mehr als alle anderen Unternehmen im Silicon Valley wurde Sun 2008/2009 auch von der global vorherrschenden Finanzkrise getroffen, da die in die Bredouille geratene Banken- und Versicherungsbranche zu den wichtigsten Kunden des IT-Konzerns gehörte. Dies führte etwa im vierten Quartal 2008 zu einem Verlust von mehr als 200 Mio. US$ und einem 11%igen Umsatzeinbruch, auf den Sch, mit der Ankündigung eines weiteren massiven Stellenabbaus, dem bis zu 6.000 der noch 33.000 Arbeitsplätze zum Opfer fallen sollten, reagierte. In den Folgemonaten blieben die Kalifornier tief in den roten Zahlen, die in erster Linie dem schwächelnden Kerngeschäft mit Servern geschuldet waren.

Auch an der Börse hatte sich der anhaltende Wertverlust der Sun-Aktie fortgesetzt, so dass das einstige Vorzeigeunternehmen – laut Handelsblatt (21.4.2009) inzwischen "nur noch ein Schatten seiner selbst" – als Übernahmekandidat galt. Doch die Suche nach einem potenziellen Käufer blieb monatelang ohne Erfolg. Anfang April 2009 scheiterten zunächst Verhandlungen mit dem Technologieriesen IBM über eine Übernahme von Sun für zuletzt gehandelte 7 Mrd. US$, die im Gegensatz zum jetzigen Verwaltungsratsvorsitzenden McNealy von Sch. auch zu den von IBM diktierten Konditionen befürwortet worden war. Kurz darauf, am 20. April, wurde dann jedoch der Verkauf des Computerunternehmens an den Softwarekonzern Oracle vermeldet, nachdem sich die beiden Parteien auf einen Preis von 7,4 Mrd. US$ geeinigt hatten. Oracle, traditionell auf Datenbanksoftware spezialisiert, erschloss sich mit der Akquisition von Sun nun ein weiteres Standbein im Hardware-Bereich und verbesserte auch dank anderer Zukäufe seine Position als Hauptwettbewerber des deutschen Marktführers in Sachen betriebswirtschaftlicher Standardsoftware, der SAP AG.

Im Zuge der Übernahme, die die EU-Kommission nach monatelanger Prüfung Anfang 2010 genehmigte, sah Oracle-Chef Larry Ellison für Sch. jedoch nach Medienangaben keine weitere Verwendung im Konzern. Und so vermeldete Sch. am 3. Febr. 2010 via Internet seinen sofortigen Abschied von Sun und war damit laut Süddeutscher Zeitung (5.2.2010) "der erste Konzernchef, der seinen Abgang über den Kurznachrichtendienst Twitter bekanntgab".

Familie

Im Gegensatz zu vielen anderen Spitzenmanagern kalifornischer Technologiefirmen wohnte Sch. auch als Sun-Chef ("Ich bin einfach ein Stadtmensch", FAZ, 3.7.2007) nicht in einem der Nobelorte im Silicon Valley, sondern im nahe gelegenen San Francisco.

Adresse

Internet: http://jonathanischwartz.wordpress.com



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