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Gerhard Bronner

österreichischer Kabarettist, Komponist und Schriftsteller
Geburtstag: 23. Oktober 1922 Wien
Todestag: 19. Januar 2007 Wien
Nation: Österreich

Internationales Biographisches Archiv 46/2003 vom 3. November 2003 ()
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 04/2007


Blick in die Presse

Herkunft

Gerhard Bronner wurde am 23. Okt. 1922 in Wien (-Favoriten) als Sohn eines jüdischen Tapezierers und einer Näherin geboren. 1938 emigrierte er und überlebte als Einziger seiner Familie den Holocaust und Zweiten Weltkrieg. Während des Krieges nahm er als Sänger und Soldatenbetreuer an den Einsätzen der britischen Streitkräfte in Afrika und in Nahost teil.

Ausbildung

B. brachte sich als Straßensänger in Brünn und Palästina durch, ehe er nach 1945 als Arbeiter auf einer Zitrus-Plantage Gelegenheit hatte, sich zum professionellen Musiker auszubilden.

Wirken

B. leitete Orchester und die Musikabteilung einer Radiostation, ehe er 1948 nach Wien zurückkehrte, wo er zunächst als Unterhalter und Pianist in der "Marietta"-Bar in der Wiener Spiegelgasse 2 arbeitete. Als Musiker war er auch beim amerikanischen Sender Rot-Weiß-Rot beschäftigt. Mit seinem ersten musikalischen Bühnenwerk "Reigen 51", das im Wiener Konzerthaustheater uraufgeführt wurde, machte er erstmals als Komponist von sich reden. Sein herausragendes kabarettistisches Talent bewies er im gleichen Theater 1952 mit dem Programm "Brettl vor'm Kopf", aus dem vor allem der Song "Der g'schupfte Ferdl" bekannt wurde. Ab 1953 schrieb B. auch musikalische Lustspiele für das ARD-Fernsehen in Hamburg.

1955 kaufte B. die "Marietta", die er bereits 1950 gepachtet hatte, und machte aus dem Lokal ein renommiertes Sprungbrett für junge, noch unbekannte Künstler wie Georg Kreisler, Louise Martini, Peter Wehle, Carl Merz, Peter Alexander, Helmut Qualtinger und Ernst Stankovsky. Zu seinen erfolgreichsten Kabarettprogrammen zählten Kritiker "Glasl vor'm Aug", "Marx und Moritz", "Brettl vor'm Klavier", "Ich und der Teufel", "Die Arche Nowak" und "Spiegel vor'm G'sicht" (1958). Nachdem das mittlerweile legendäre Kabarett-Team B., Wehle, Merz, Qualtinger sich aufgelöst hatte und der materielle Erfolg auf sich warten ließ, verkaufte B. 1964 die "Marietta", die er dann nach dem Konkurs Ende 1967 erneut übernahm. Unter dem Namen "Fledermaus" wurde das Lokal nunmehr nach Beobachtermeinung zum Synonym für gute und witzige Wiener Unterhaltung.

Neben musikalischen Lustspielen und Kabarettshows spielte B. über 60 Langspielplatten ein, die er meist auch selbst produzierte, gestaltete 120 eigene TV- und gut 2.000 Rundfunkprogramme, darunter die beliebten Seriensendungen "Gugelhupf" und "Schlager für Fortgeschrittene". Über B. und seine viel gerühmte Kabarettkunst schrieb Hans Weigel einmal, sein Geheimnis sei, dass "er formal immer kabarettistisch bleibt, aber inhaltlich ohne Rücksicht auf Verluste arbeitet".

Zwischendurch "verwienerte" B. auch amerikanische Musicals wie "Cabaret","Alexis Sorbas" oder "My Fair Lady" für das Theater, schuf verschiedene Neubearbeitungen klassischer Operetten (z. B. "Die Fledermaus" für die Covent Garden Opera in London oder "Im Weißen Rößl" für die Wiener Volksoper), bearbeitete Jacques-Offenbach-Texte für verschiedene deutsche Opernhäuser, übersetzte Ephraim Kishon und gab einen Band mit Gedichten von Peter Hammerschlag heraus ("Steif weht die Brise von der Postsparkasse"). Verdient machte er sich nach Beobachtermeinung ferner mit der Gründung eines Nachwuchsstudios in der Wiener Rotgasse.

Als Geschäftsmann operierte B. weniger glücklich. 1987 wurde er wegen Steuerhinterziehung von insgesamt 5,5 Mio. öS und weiterer kleiner Zusatzdelikte zu einer Geldstrafe in Höhe von 1 Mio. öS verurteilt.

1993 holten Freunde B. aus Florida, wohin er 1988 gezogen war, zurück ins Wiener Theaterleben. Als "Kontinentenpendler" produzierte er seither in den USA u. a. die amerikanische Erstaufführung von "Kamp! Songs und Satire from Theresienstadt!", schrieb die Musik zu einem Shabbes-Gottesdienst, übersetzte für das Theater in der Josefstadt die Broadway-Produktion "Mixed Emotions" und schrieb Bücher über "Die goldene Zeit des Wiener Cabarets" und seinen großen Kollegen Helmut Qualtinger.

Familie

B. war verwitwet. Er hatte eine Tochter und drei Söhne. Der älteste Sohn Oscar lebte lange als Maler in New York, betätigte sich aber auch journalistisch und machte als Gründer des Wirtschaftsmagazins "Trend" und des Nachrichtenmagazins "Profil" auf sich aufmerksam. B.s jüngster Sohn David machte sich als talentierter Rockmusiker und Assistent seines Vater bei der Leitung des Wiener Nachwuchsstudios einen Namen.

19. Januar 2007: Der österreichische Kabarettist, Komponist und Schriftsteller Gerhard Bronner stirbt in einem Wiener Spital, nachdem er wenige Tage zuvor einen Schlaganfall erlitten hatte.

Werke

Kabarettshows (Auswahl): "Brettl vor'm Kopf", "Glasl vor'm Aug", "Marx und Moritz", "Brettl vor'm Klavier", "Ich und der Teufel", "Dachl über'm Kopf", "Hackl vor'm Kreuz", "Die Arche Nowak".

Veröffentlichungen u. a.: "Kein Blattl vor'm Mund" (92), "Die goldene Zeit des Wiener Cabarets" (95), "Tränen gelacht!" (99), "Meine Jahre mit Qualtinger. Anekdoten, Texte und Erinnerungen" (03).

2004: Gerhard Bronner: "Spiegel vorm Gesicht - Erinnerungen". 2004.

Auszeichnungen

Auszeichnungen u. a.: Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft, Nestroyring der Stadt Wien, Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Wien (02).

6. Oktober 2004: Es wird bekannt, dass der österreichische Sänger und Komponist Gerhard Bronner sowie die Hamburger Kabarettistin Lisa Politt in ihren jeweiligen Sparten den mit insgesamt mit 20.000 Euro dotierten Deutschen Kleinkunstpreis 2005 des Mainzer "unterhaus" erhalten werden. Die Preisverleihung findet am 13. Februar in Mainz statt.

Mitgliedschaften

B. ist Mitglied des P.E.N.-Clubs.

Adresse

Letzte Adresse: c/o Deutsche Verlags-Anstalt, Bayerstr. 71-73, 80335 München, Tel.: 089 4136-0



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