Uwe Hück
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Internationales Biographisches Archiv
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW
Uwe Hück wurde wahrscheinlich am 22. Mai 1962 als eines von fünf Geschwistern in Stuttgart geboren. "Es gibt keine Geburtsurkunde von mir. Keine Fotos, keine Briefe und auch keine Erinnerungen. Irgendwann im Heim wurde mir gesagt, dass ich keine Eltern mehr habe und dass dieser Tag wohl mein Geburtstag sei" (planet-interview.de, 16.11.2013), erklärte H. später. Er wuchs in verschiedenen Kinderheimen auf, u. a. im Kinderheim Sperlingshof nahe Pforzheim. Sein älterer Bruder Detlef nahm sich 1990 das Leben.
Nachdem er zeitweise eine Sonderschule besuchen musste, machte H. schließlich seinen Hauptschulabschluss. Mit 15 Jahren verließ er das Heim und absolvierte 1977-1981 eine Lehre als Maler und Lackierer.
Sportliche LaufbahnAnfang der 1980er Jahre hatte H. als professioneller Thaiboxer Erfolg und wurde zweimal Europameister (1980 und 1982). Um die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Thailand zu finanzieren, heuerte der von seinem ehemaligen Manager um große Teile seiner Gagen gebrachte Kampfsportler 1985 als Lackierer beim Stuttgarter Sportwagenhersteller Porsche an.
Karriere als BetriebsratH., der 1982 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) wurde, trat bei Porsche schon bald als streitbarer Vertreter von Arbeitnehmerinteressen hervor. Sein Engagement machte die IG Metall aufmerksam - 1987 wurde er Vertrauensmann der Gewerkschaft, 1990 wurde er Betriebsrat. Seit 1994 für diese Arbeit freigestellt, übernahm er 1997 den Vorsitz des Betriebsrats der Standorte Zuffenhausen und Ludwigsburg und wurde 2002 zum Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats gewählt. Als Autodidakt eignete er sich Wissen über Tarif-, Arbeits- und Sozialrecht an und besuchte Rhetorikseminare. "Die Stimme der Arbeiter" vertrat er auch deshalb glaubwürdig (Focus, 26/2008), "weil er es von ganz unten nach ganz oben schaffte, ohne dabei zu vergessen, woher er kommt". Das glatzköpfige Schwergewicht profilierte sich als emotionaler und überzeugender Redner, der laut Handelsblatt (28.1.2008) "auf dem Podium wie ein Tiger in der Manege" wirke. 1998 wurde er Mitglied im Porsche-Aufsichtsrat.
Die Krisenjahre der Porsche AG zu Beginn der 1990er Jahre, in denen mehrere tausend Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren, analysierte H. rückblickend folgendermaßen: "Wir haben zu lange die gleichen Autos gebaut und in der Krise die Preise erhöht" (Hbl., 26.7.2005). Die Sanierung und Neuausrichtung unter dem neuen Porsche-Chef
Gescheiterte Übernahme von VWKritiker warfen dem von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (28.10.2007) einmal als "Wiedekings williger Helfer" bezeichneten H. allerdings eine zu große Nähe zur Porsche-Führung vor. An der Seite von Wiedeking kämpfte er auch für die angestrebte Übernahme der Volkswagen AG (VW). 2005 war Porsche bei VW eingestiegen und hatte mit weiteren Aktienzukäufen seine Anteile am Wolfsburger Konzern sukzessive erhöht. Angesichts der Absatzeinbrüche bei Porsche 2008 und einer auf mindestens 10 Mrd. Euro angehäuften Schuldenlast musste Porsche im Mai 2009 den riskanten Übernahmeplan aufgeben. Das Scheitern zählte das Handelsblatt (7.7.2010) für H. zu "einer seiner größten Niederlagen". In der Folge kam es zu einer gegenseitigen Beteiligung zwischen Porsche und VW sowie zur Ablösung von Wiedeking als Porsche-Chef.
H. und der VW-Betriebsratschef
Standortsicherung 2010Nach schwierigen Verhandlungen erkämpfte der im März 2010 wieder für vier Jahre als Porsche-Betriebsratschef gewählte H. dann im Juli 2010 eine weitere Jobgarantie für 8.600 Porsche-Beschäftigte bis 2015. Mit der Aushandlung der fünfjährigen Standortsicherung habe man nach seinen eigenen Worten "einen intergalaktischen Erfolg erzielt" (Stgt. N., 22.7.2010). Zu der Vereinbarung zählte neben der Produktionszusage von zusätzlichen Modellen wie dem "Cayman" im Zuffenhausener Stammwerk auch die garantierte Einstellung von 100 Auszubildenden pro Geschäftsjahr und die Übernahme aller erfolgreicher Absolventen in unbefristete Arbeitsverhältnisse.
Eingliederung in den VW-KonzernIm Nov. 2009 hatten die Aufsichtsgremien von VW und Porsche endgültig einer Verschmelzung zu einem "integrierten Automobilkonzern" unter Führung von VW zugestimmt und zum 1. Aug. 2012 wurde der mittlerweile vom langjährigen Audi/VW-Manager
AbgasskandalAb Herbst 2015 erschütterte ausgehend von den USA ein Abgasskandal die Porsche-Mutter VW, die einräumen musste, die Steuerungssoftware in einer Großzahl von Diesel-Fahrzeugen manipuliert zu haben. Damit wurden in Tests die Emissionen auf die gesetzlich vorgeschriebenen Werte heruntergeregelt. Vom Skandal waren über 10.000 Porsche-Fahrzeuge in den USA betroffen. H., der erst im Juli 2015 als Vertreter der Arbeitnehmerseite auch in den Aufsichtsrat der Volkswagen AG eingezogen war, bezeichnete den Abgasskandal als "unnötig wie ein Kropf" ("Ich war stinksauer", Stgt. N., 5.10.2015). Porsche-Chef
Weitere Entwicklung bei PorscheWährend H.s Zeit als Betriebsratschef stockte Porsche die Belegschaft auf, erhöhte die Zahl der Ausbildungsplätze und berücksichtigte dank seiner Initiative dabei auch ein festes Kontingent für Hauptschulabsolventen und als nicht ausbildungsreif geltende Jugendliche. 2015 eröffnete Porsche in Zuffenhausen ein rund 30 Mio. Euro teures neues Ausbildungszentrum.
Im Dez. 2015 gab der Porsche-Aufsichtsrat dann grünes Licht für die Entwicklung eines reinen Elektro-Sportwagens ("Mission E") und für damit verbundene Investitionen in Höhe von 2 Mrd. Euro. H. hatte sich für das Projekt und dafür eingesetzt, das Auto in Zuffenhausen zu produzieren und dort mehr als 1.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Kämpferisch gab sich H. vor der Porsche-Belegschaft und gegenüber dem VW-Mutterkonzern, sollte dieser versuchen, die eigenen Verluste auf Kosten von Porsche abzufedern. "Sollte irgendwer außerhalb von Baden-Württemberg auch nur darüber nachdenken, unsere Investitionen zu verschieben oder zu kürzen, dann gibt es Krach" (zit. nach SZ, 27.4.2016).
Für Überraschung sorgte im Febr. 2017 die freiwillige Rückzugsankündigung der sechs Arbeitnehmervertreter aus dem zwölfköpfigen, von der Eigentümer-Familie dominierten Aufsichtsrat der Porsche SE, die im Besitz von 52 Prozent der Stimmrechte an VW ist. H. begründete den Verzicht auf Mitbestimmung damit, dass es sich bei Porsche SE um eine reine Finanzholding ohne operatives Geschäft handele und Arbeitnehmervertreter dort sein müssten, "wo die Menschen sind, nicht da, wo Geld gezählt wird" (zit. Stgt. Z., 2.5.2017). 2018 unterstützte H. die Gründung einer Stiftung von Porsche, die das gesellschaftliche Engagement des Konzerns stärken soll. Mit Hilfe der Stiftung soll zudem das Wachstum der jährlichen Prämien gebremst werden, laut H. auch ein Mittel, um eine Neiddebatte gegenüber Porschebeschäftigten zu vermeiden (vgl. Stgt. N., 15.5.2018).
Für den kriselnden VW-Konzern erwies sich Porsche, seit 2015 von
Weggang von Porsche - Einstieg in die Politik Wie ein Paukenschlag wirkte es, als H. am 4. Febr. 2019 auf einer eigens einberufenen Mitarbeiterversammlung ankündigte, alle seine Ämter bei Porsche und VW niederzulegen und das Unternehmen zu verlassen, um Politiker zu werden. Er gehe dahin, wo es brennt - "Ich bin der Feurwehrmann" (Stgt. Z., 5.2.2019). H., der sich einen möglichen Wechsel in die Politik immer offengelassen hatte, versetzte jedoch die Pforzheimer SPD in Aufruhr, als er erklärte, dort mit einer eigenen "Liste Hück" bei den Kommunalwahlen im Mai 2019 antreten zu wollen. In der Folge wurden sich H. und die SPD u. a. durch Einflussnahme von
Bei der Gemeinderatswahl in Pforzheim erzielte H. als "Zugpferd" (taz, 20.5.2019) der Sozialdemokraten die meisten Stimmen (knapp 27.000) aller Kandidaten; die SPD kam bei leichten Verlusten insgesamt auf 13,7 % (-2,7) und 5 Sitze. In die Schlagzeilen geriet H. kurz nach der Wahl im Mai in Zusammenhang mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des Verdachts "unverhältnismäßig hoher und damit nicht gerechtfertigter Vergütungen" als Porsche-Betriebsratschef (vgl. Stgt. Ztg., 5.6.2019, FAZ, 13.6.2019).
20. Februar 2021:
September 2021:
H. ist seit 1990 mit der Vietnamesin Ming Chung verheiratet. Das Paar lebt in Mühlacker (Enzkreis) und hat drei Kinder, den leiblichen Sohn Vincent (geb. 1995) sowie die adoptierten elternlosen Brüder Tuan Anh und Lam Anh aus Vietnam, die beide bei Porsche arbeiten. Nachdem er mit dem evangelischen Glauben aufgewachsen war, sei er mittlerweile Buddhist, erklärte H.
In seiner Freizeit engagiert sich H. ehrenamtlich als Gesamtvorstandsvorsitzender des Pforzheimer Vereins FSV Buckenberg und trainiert junge Thaiboxer aus einem sozialen Problembezirk. 2013 rief er insbesondere zur Förderung benachteiligter Jugendlicher und diverser Lern-, Ausbildungs- und Integrationsprojekte die "Lernstiftung Hück" mit Sitz in Pforzheim ins Leben. Im Rahmen seines sozialen Engagements stieg er unter dem Motto "Blaue Flecke für soziale Zwecke" auch zu Benefiz-Boxkämpfen in den Ring. 2013 unterlag er dem neun Jahre jüngeren Ex-Box-Europameister im Schwergewicht,
H., den Porschechef Blume als "eine Kämpfernatur, ob im Boxring oder am Verhandlungstisch" bezeichnete (FAZ, 5.2.2019) und den die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (17.3.2013) als "eine Naturgewalt (...) mit 100 Kilo Körpergewicht und ein paar Tonnen Selbstbewusstsein" charakterisierte, beschrieb seine nicht alltägliche Geschichte vom Heimkind zum Betriebsratschef in einer gemeinsam mit dem Fernsehjournalisten Thomas Wark verfassten Autobiographie "Volle Drehzahl" (2012). Schon als Achtjähriger im Heim habe er mit Gott eine Vereinbarung getroffen: "Ich habe zu ihm gesagt: Mach mich bitte groß und stark, dann kümmere ich mich um den ganzen Mist, der da draußen passiert! Gott hat mich groß und stark gemacht - jetzt muss ich mein Versprechen halten!" (planet-interview.de, 16.11.2013).
Veröffentlichung: "Volle Drehzahl. Mit Haltung an die Spitze" (12; Autobiographie).
Auszeichnungen u. a.: Staufermedaille des Landes Baden-Württemberg (10), Bildungsbotschafter der Bildungsmesse "Didacta" (13); Bundesverdienstkreuz (17).
Mitgliedschaften u. a.: Mitglied der SPD (ab 82), im Ortsvorstand der IG Metall Stuttgart, der großen Tarifkommission der IG Metall Baden-Württemberg; Vorstandsmitglied der Wiedeking Stiftung; Botschafter der Initiative "Respekt! Kein Platz für Rassismus", Mitglied im Kuratorium der Ferry-Porsche-Stiftung und der Volkswagen-Belegschaftsstiftung.
c/o Lernstiftung Hück, Maximilianstr. 46, 75172 Pforzheim, Tel.: 07231 4604022, E-Mail: info@lernstiftung-hueck.org, Internet: www.lernstiftung-hueck.org