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MUNZINGER Personen

Bingu wa Mutharika

malawischer Politiker; Staatspräsident (2004-2012); Präsident der Afrikanischen Union; Democratic Progressive Party; Ph.D.
Geburtstag: 24. Februar 1934 Kamoto/Distrikt Thyolo
Todestag: 5. April 2012 Lilongwe
Nation: Malawi

Internationales Biographisches Archiv 37/2012 vom 11. September 2012 (fa)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 23/2014


Blick in die Presse

Herkunft

Bingu wa Mutharika, kath., war eines von neun Kindern eines Missionsschullehrers. Er kam im Dorf Kamoto, Distrikt Thyolo, zur Welt in der Nähe der Handelskapitale Blantyre in der Südregion des ostafrikanischen, damals britischen Protektorats Njassaland, das 1964 seine Unabhängigkeit erlangte (ab 7/1966 Republik Malawi). Obwohl in einer protestantisch-gläubigen Familie - M.s Großvater väterlicherseits war evangelischer Prediger - aufgewachsen, konvertierte der gläubige Christ als junger Mann zum Katholizismus. Seinen Geburtsnamen Brightson Webster Ryson Thom, den er als zu kolonial empfand, legte er in den 1960er Jahren ab und nahm einen afrikanisch klingenden Namen an.

Ausbildung

Nach dem Besuch der Primarschule in Chingoli sowie diverser Missionsschulen und dem Abschluss an der Dedza Secondary School (Cambridge Overseas School Leaving Certificate Grade A, 1956) studierte M. an der University of Delhi (Indien), wo er 1961 den Grad eines Bachelor of Commerce (B.Com.) und 1963 den Master-Titel (M.A.) in Wirtschaftswissenschaften (Schwerpunkt: Internationaler Handel, Geld- und Entwicklungsökonomie) erlangte. An der Pacific Western University in Los Angeles (USA) wurde er später zum Ph.D. in Entwicklungsökonomie promoviert. Weitere kürzere Fortbildungen zur Handels-, Finanz- und Wirtschaftspolitik absolvierte er noch an der Makerere University (Uganda), der Universität Uppsala (Schweden), der George Washington sowie der American University (beide Washington, D.C./USA).

Wirken

Jahre im Exil1963 in seine Heimat zurückgekehrt, nahm M. eine Stelle in der öffentlichen Finanzadministration der 1953 gebildeten semi-unabhängigen Föderation von Rhodesien und Njassaland an. Nach dem Zerfall der Föderation (31.12.1963) und der Unabhängigkeit von Njassaland (6.7.1964) und Nordrhodesien (24.10.1964 als Sambia) bewog ihn Zeitzeugen zufolge v. a. die Gegnerschaft zum selbstherrlichen und zunehmend totalitären Regime von Premierminister (ab Febr. 1963) Hastings Kamuzu Banda († 1997), das Land zu verlassen. 1965/1966 arbeitete M. daraufhin zunächst als leitender Angestellter in der Finanzverwaltung von Sambia. 1966 ging er dann zur UN-Wirtschaftskommission für Afrika (UNECA) in die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba, wo er sich um die afrikanische Integration verdient machte. Im selben Jahr installierte Banda in M.s in Malawi umgetaufter Heimat ein Einparteienregime unter der Malawi Congress Party (MCP) und führte das Präsidialsystem ein, dem er selbst ab Juni vorstand (ab Juli 1971 offiziell "Staatspräsident auf Lebenszeit").

1975 wechselte M. nach Washington, D.C. an den Hauptsitz der Weltbank, wo er ab 1976 als Kreditbearbeiter für Kenia und Tansania zuständig war. 1978 kehrte er erst als Leiter der Abteilung für Transnationale Unternehmen, zuletzt als Direktor für Handel und Entwicklungsfinanzen in Afrika zur UNECA zurück (bis 1990), ehe er 1991 als Generalsekretär an die Spitze der südostafrikanischen Wirtschaftsorganisation Preferential Trade Area for Eastern and Southern Africa (PTA; ab 1994: Common Market for Eastern and Southern Africa; COMESA) mit Sitz in Lusaka (Sambia) trat (bis 1997).

Gründung der United Democratic Front - MinisteramtIn dieser Zeit beteiligte sich der langjährige Exilant M. 1993 an der Gründung der oppositionellen Partei United Democratic Front (UDF) in seinem Heimatland. Nachdem Präsident Banda gezwungen worden war, sein rigides Regime zu öffnen, gewann die liberal ausgerichtete UDF die erste freie malawische Parlamentswahl im Mai 1994, und ihr Parteiführer Bakili Muluzi übernahm das Amt des Staatspräsidenten. Während das charismatische neue Staatsoberhaupt schnell große Popularität gewann, kritisierte M. vom Ausland aus schon bald die Wirtschaftspolitik Muluzis. 1997 verließ M. die UDF und gründete im August die United Party (UP). Bei der Präsidentenwahl im Juni 1999 trat er gegen Muluzi an, erlitt aber als Letztplatzierter eine verheerende Niederlage (Stimmenanteil 0,47 %). Im Jan. 2001 löste er seine Partei wieder auf und kehrte zur UDF zurück, nachdem ihm die stellv. Leitung der Zentralbank von Malawi angetragen worden war. Im März 2003 berief Präsident Muluzi M. als Minister für das aus dem Finanzministerium herausgelöste Ressort Wirtschaftsplanung und Entwicklung.

Wahl zum Staatspräsidenten 2004Nachdem Präsident Muluzi mit dem Vorhaben gescheitert war, sich eine dritte Amtszeit genehmigen zu lassen, ging M. u. a. als Kandidat der Alliance for Democracy (AFORD) in die Wahlen am 20. Mai 2004. Er galt dabei als Wunschkandidat von Muluzi, der als UDF-Chef weiterhin erheblichen Einfluss auf die Politik Malawis behalten hatte. M.s Gegenkandidaten waren John Tembo, der für die ehemalige Staatspartei MCP kandidierte, und der langjährige innerparteiliche Gegner Tembos, Gwanda Chakuamba, der sich von der MCP getrennt und seine eigene Republican Party (RP) gegründet hatte. M. kam offiziell auf 35,9 % der Stimmen, gefolgt von Tembo (27,1 %) und Chakuamba (25,7 %). Bei der gleichzeitig abgehaltenen Parlamentswahl gewann die UDF aber nur 49 der 193 Sitze, während die MCP auf 56 Mandate kam. Die Auszählung der Stimmen war von Unruhen begleitet, und Beobachter sprachen von technischen Mängeln und groben Missständen. Chakuamba wollte zuerst die Wahl anfechten, ging dann aber mit seiner RP (9 Sitze) eine Koalition mit der UDF ein.

M. wurde am 24. Mai 2004 als Präsident vereidigt. Seine neue Präsidialregierung stützte sich u. a. auch auf eine Reihe von unabhängigen Abgeordneten. Einen Monat nach Amtsantritt übernahm er zudem die Leitung des Verteidigungsministeriums. Über seine Kampagne gegen Korruption in öffentlichen Ämtern geriet er bereits in den ersten Monaten seiner Amtszeit in Konflikt mit seinem früheren Förderer Muluzi. Angesichts eines drohenden Parteiausschlusses trat M. am 5. Febr. 2005 selbst aus der UDF aus und bildete sein Kabinett in sechs Positionen um. Am 16. März ließ er seine neue Partei, die Democratic Progressive Party (DPP), registrieren. In der Folge ging er repressiv gegen verschiedene UDF-Spitzenpolitiker vor, schaffte es aber zugleich, Kräfte aus der UDF und anderen Parteien an sich zu binden und zum Übertritt in die DPP zu bewegen. Im Juni 2005 strengte die UDF im Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen M. wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder an, das im Jan. 2006 jedoch wegen Aussichtslosigkeit zurückgezogen wurde. Nach Berichten von Landeskennern machte sich M. jedoch durch seine Selbstbedienungsmentalität und Anhäufung privaten Reichtums angreifbar.

M.s Amtsführung wurde auch in der Folgezeit durch zahlreiche Kabinettsumbildungen belastet. Als regierungsinterner Widersacher stand ihm v. a. sein Stellv. Cassim Chilumpha (UDF) gegenüber. Nach einer gerichtlich wieder aufgehobenen Entlassung des Vizepräsidenten im Febr. 2006 wurde Chilumpha zwei Monate später wegen eines angeblichen Putschversuchs gegen M. verhaftet und in der Folge die nächsten Jahre unter Hausarrest gestellt. Anfang Juni gab M. dann das Verteidigungsministerium ab, blieb aber Oberkommandierender der Streitkräfte und der Polizei. In den folgenden Jahren übernahm M. immer wieder persönlich vorübergehend verschiedene Ministerien.

Inhaltliche Schwerpunkte der ersten AmtszeitDie größten politischen Herausforderungen zu Beginn von M.s erster Amtsperiode waren eine erdrückende Schuldenlast des bitterarmen Landes und eine bedrohliche Hungersnot, die nach Regierungsangaben fünf der elf Mio. Einwohner des Landes bedrohte. Bereits Mitte Okt. 2005 sah sich die Regierung genötigt, alle 28 Provinzen zum Katastrophengebiet zu erklären und die internationale Gemeinschaft um Hilfe zu bitten. M.s nachhaltiges Programm - gezielte Investitionen und subventionierte Dünger an die kleinbäuerliche Landwirtschaft - zur Sicherung der nationalen Ernährungslage wurde später auch von der Welternährungsorganisation (FAO) gewürdigt. Im Sept. 2006 gaben der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank bekannt, dass sich Malawi als 20. Land für einen Schuldenerlass im Rahmen der Initiative für die stark verschuldeten armen Länder (HIPC) qualifiziert habe und mit einem Nachlass im Umfang von 3,1 Mrd. US$ rechnen könne. Ende des Jahres 2007 nahm Malawi diplomatische Beziehungen zur VR China auf, womit das Land seine seit 1966 bestehenden Beziehungen zu Taiwan abbrechen musste; Peking hatte Hilfsgelder in Höhe von 6 Mrd. US$ angeboten.

Im Machtkampf mit der Opposition ließ M. die Sicherheitsbehörden weiterhin gegen seine Hauptkontrahenten von der UDF vorgehen, die im April 2008 trotz verfassungsrechtlicher Bedenken erneut Muluzi als Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2009 nominierte. Korruptionsvorwürfe, der angebliche Verdacht eines geplanten Mordkomplotts oder Staatsstreichs gegen M. führten v. a. Mitte des Jahres 2008 zu zahlreichen Verhaftungen. Infolge der verübergehenden Inhaftierung Muluzis im Mai kam es zu Demonstrationen von UDF-Anhängern, die von der Polizei mit Gewalt aufgelöst wurden.

Wiederwahl 2009Drei Tage vor den Wahlen am 19. Mai 2009 wurde Muluzi per Gerichtsbeschluss endgültig von der Wahl ausgeschlossen, da die Verfassung auch nach einer Unterbrechung keine dritte Amtszeit zuließe. Ohne UDF-Kandidaten wurde M. schließlich mit 66 % der Stimmen klar im Amt bestätigt; gefolgt von Tembo (MCP; 30,7 %) und fünf völlig abgeschlagenen weiteren Bewerbern. Auch bei der parallel abgehaltenen Parlamentswahl sicherte sich die DPP die absolute Mehrheit (113 von insgesamt 193 Sitzen) vor der MCP (27) und der UDF (17). Während Tembo Wahlbetrug reklamierte, erkannte Muluzi die Wahl an. Auch ausländische Wahlbeobachter attestierten einen weitgehend fairen Verlauf. Am 22. Mai wurde M. für eine zweite und damit letzte fünfjährige Amtszeit vereidigt. In Personalunion behielt er im neuen, reinen DPP-Kabinett zunächst die Zuständigkeit für das Krisenressort Landwirtschaft und Nahrungssicherung (Amtsantritt 15.6.). Das Vizepräsidentenamt übernahm Joyce Banda (DPP), die als erste Frau in Malawi auf diese Position kam.

Auf einem Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU; bis 2002: OAU) in Addis Abeba am 31. Jan. 2010 wurde M. als Staatsoberhaupt von Malawi zum neuen Präsidenten der Staatengemeinschaft gewählt (bis Jan. 2011). Der 75-Jährige erhielt den Vorzug gegenüber dem libyschen Staatschef und Amtsinhaber Mu'ammar al-Gaddafi, der entgegen der turnusgemäßen Rotation eine zweite Amtszeit für sich beanspruchte.

Kritik - AuseinandersetzungenNach seiner Wiederwahl wurde M. zunehmend ein autoritärer Führungsstil vorgeworfen. So stieß u. a. seine Entscheidung, die alte Flagge Malawis mit einer aufgehenden roten Sonne durch eine neue mit aufgegangener Sonne ersetzen zu lassen, auf wenig Gegenliebe in der Bevölkerung. Oppositionspolitiker kritisierten vor allem die Kosten der Umstellung. Vor dem Hintergrund einer schlechter werdenden Wirtschaftslage protestierten im Juli 2011 in mehreren Städten Malawis Tausende Menschen gegen M.s Regierung, der sie u. a. Missmanagement, aber auch undemokratisches Verhalten (Regulierung der Pressefreiheit) und Missachtung von Menschenrechten (Vorgehehen gegen Homosexualität) vorwarfen. Bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei kamen 18 Menschen ums Leben. Wegen M.s demokratiefeindlichen Verhaltens und dem Abrücken von einer "guten Regierungsführung" stellten mehrere westliche Geberländer und Institutionen - allen voran Großbritannien - ihre Hilfszahlungen ein, was zu Devisenknappheit und Treibstoffrationierungen im Land führte.

Auch innerhalb der Regierung traf M. auf Widerstände. So kam es ab 2010 zu einem Machtkampf mit der Vizepräsidentin Banda, nachdem M. versucht hatte, seinen Bruder Peter zum Amtsnachfolger ab 2014 aufzubauen, was Banda scharf kritisiert hatte. Banda wurde daraufhin im Dez. 2010 aus der DPP ausgeschlossen und gründete 2011 die People's Party (PP). Bemühungen, sie daraufhin zum Verzicht auf ihr Vizepräsidentenamt zu bewegen, scheiterten. M. ernannte trotz der Kritik im Sept. 2011 seinen Bruder zum Außenminister, gleichzeitig wurde Banda durch die Aufwertung der neuen "First Lady" (M. hatte im April 2010 die frühere Ministerin Callista Chimombo geheiratet) weiter entmachtet.

TodAm 5. April 2012 erlag M. in der Hauptstadt Lilongwe einem Herzinfarkt. Nachdem sein Tod zunächst geheim gehalten und der Versuch unternommen worden war, seinen Bruder Peter als Nachfolger zu installieren, wurde am 7. April doch verfassungsgemäß die bisherige Vizepräsidentin Joyce Banda als neue Staatspräsidentin vereidigt. Banda hatte sich zuvor der Unterstützung durch das malawische Militär versichert. Im Juni 2012 wurde eine Untersuchung über die Umstände von M.s Tod eingeleitet, die seine Familie jedoch ablehnte.

29. September 2012: Die Truppen der Afrikanischen Union in Somalia (Amisom) vertreiben die Kämpfer der islamistischen Al-Shabaab-Miliz aus der wichtigen Hafenstadt Kismayo, welche von diesen fünf Jahre lang beherrscht wurde und als ihre Hochburg und wirtschaftliche Basis galt. Die Offensive war in der Nacht zum 27.9. von kenianischen Truppen eröffnet worden.

31. Mai 2014: Vor dem Obersten Gericht in Blantyre wird Peter Mutharika (DPP), der frühere Außenminister und Bruder des verstorbenen Ex-Präsidenten Bingu wa Mutharika, als neuer Staatspräsident Malawis vereidigt. Er ist Nachfolger der bei der Präsidentschaftswahl unterlegenen Amtsinhaberin Joyce Banda (PP).

Familie

M. war von 1964 bis zu ihrem Tod im Jahr 2007 mit Ethel Zvauya Nyoni verheiratet. Das Paar bekam drei Töchter und einen Sohn. Im April 2010 heiratete M. in zweiter Ehe die frühere Tourismusministerin Callista Chimombo, die ab Aug. 2010 als "First Lady" erneut Regierungsverantwortung übernahm. Am 5. April 2012 starb M. in der malawischen Hauptstadt Lilongwe an den Folgen eines Herzinfarkts.

Werke

Veröffentlichungen u. a.: "Towards Multinational Economic Co-operation in Africa" (72), "One Africa One Destiny" (95), "Managing Economic Growth with Limited Resources" (02), "The Sharing of Power. Conflicts in Malawi Democracy" (05), "The African Dream. From Poverty to Prosperity" (10).

Auszeichnungen

Auszeichnung u. a.: Preis der FAO (08), Danish Government Award (08), zwei Ehrendoktortitel.



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