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René Carron

französischer Landwirt, Funktionär und Bankmanager; Präsident der Crédit Agricole (2002-2010)
Geburtstag: 13. Juni 1942 Yenne/Savoyen
Nation: Frankreich

Internationales Biographisches Archiv 16/2013 vom 16. April 2013 (cs)


Blick in die Presse

Herkunft

René Joseph Carron wurde am 13. Juni 1942 in Yenne im Departement Savoyen (Südostfrankreich) geboren. Sein Vater betrieb einen Hof mit Viehzucht und Milchwirtschaft und engagierte sich nebenbei auf der lokalen Ebene des Bankenverbundes Crédit Agricole (CA).

Ausbildung

C. besuchte die Schulen seiner Heimatstadt und absolvierte eine landwirtschaftliche Ausbildung.

Wirken

Einstieg im Crédit Agricole-Verbund C. arbeitete zunächst im bäuerlichen Familienbetrieb in Yenne. Wie sein Vater wurde er im CA tätig und ebenfalls wie dieser übernahm er schließlich (1981) als Président die Leitung der CA-Ortssparkasse von Yenne. Die Bankengruppe des CA hatte sich nach dem genossenschaftlichen Prinzip der Gegenseitigkeit herausgebildet, nachdem der Staat die Gründung lokaler Landwirtschaftsbanken erlaubt hatte; seither bewährten sich die CA-Sparkassen als Finanzier für den ländlichen Raum. Später kam eine koordinierende regionale Ebene hinzu, und 1920 erfolgte die Bildung einer nationalen Dachorganisation, die Fédération national du crédit agricole (FNCA). Diese Verbundspitze gründete ein frankreichweit tätiges Zentralinstitut - ursprünglich Caisse nationale de crédit agricole (CNCA), die sich 1999 in Crédit Agricole SA (CASA) umbenannte. Die CNCA (CASA) bewährte sich als zentraler Dienstleister für die lokalen und regionalen CA-Banken und wuchs seit den 1960er Jahren zu einer führenden, international tätigen französischen Großbank heran.

Regionalmandate in SavoyenNeben seinen Tätigkeiten für den eigenen Hof und die CA ließ sich C. in zahlreiche regionale Funktionen wählen. So amtierte er 1983-1992 als Präsident der Landwirtschaftskammer im Departement Savoyen. Prestige brachte C. der 1988-1992 ausgeübte Vorsitz im Komitee "Savoie 92" ein, das im Vorfeld der Olympischen Winterspiele von 1992 in Albertville Infrastruktur-Projekte auf den Weg brachte, um die Entwicklung dieser Alpenregion zu fördern. Hinzu kamen weitere Mandate C.s in der regionalen Wirtschaftsförderung. 1991 rückte er in den Regional-Vorstand der Nationalbank (Banque de France) für Savoyen ein. 1992 kandidierte C. bei den Regionalwahlen für die Legislative im Departement Savoie (Conseil Général), in dem er 1995-1998 als Vizepräsident tätig war. 1995-2001 stand er Yenne zudem als Bürgermeister vor. 2000 berief ihn die damalige sozialistische Regierung in das nationale Gutachtergremium "Conseil économique et social".

Aufstieg an die CASA-VerwaltungsratsspitzeInnerhalb der CA-Organisation rückte C. bereits 1992 zusätzlich zum Präsidenten der CA-Region Savoyen auf und behielt diese Funktion nach deren Fusion mit der Regionalorganisation im Nachbar-Departement Haute Savoie. 1995 folgte C.s Berufung in den nationalen Vorstand (Bureau) der übergeordneten FNCA sowie 2000 diejenige zum Präsidenten; 2003 wurde er FNCA-Vizepräsident. Zusätzlich rückte C. 1999 in den Verwaltungsrat (Conseil d'administration) der CASA ein und wurde im Jahr 2000 dessen Vizepräsident. Im Dez. 2002 trat C. als Präsident an die Spitze des Verwaltungsrats der CASA. Damit erhielt traditionsgemäß wieder ein Vertreter der regionalen Ebene die höchste Funktion innerhalb der Großbank.

Als Verwaltungsratschef der CASA trat C. an die Spitze eines Finanzkonzerns, dessen Anteile 2001 teilweise an die Börse gebracht worden waren. Die Mehrheit von damals 54 % behielten aber die 39 regionalen CA-Institute (vgl. Hbl., 6.3.2008). Die Gruppe hatte 1986 mit dem Lebensversicherer Predica zusätzlich einen Assekuranz-Zweig aufgebaut und diesen 1990 um den Schadensversicherer Pacifica ergänzt. 1996 folgten die Zweige Asset Management mit der Indocam sowie internationales Investmentbanking mit der CA-Indosuez (CAI). Im Jahr 2000 folgte der Kauf der Verbraucherkredit-Bank Sofinco.

Übernahme des Crédit Lyonnais C.s Hauptaufgabe nach seinem Amtsantritt bildete aber die Integration der Crédit Lyonnais (CL). Die vormalige Staatsbank war 1993 - nach einer rasanten und riskanten Expansion - kollabiert und danach von Jean Peyrelevade saniert worden. Im Anschluss an die Privatisierung 1999 erwarb auch die CASA einen Anteil von 10 %. Als der Wettbewerber BNP Paribas seinen CL-Anteil auf über 16 % erhöhte, signalisierte Peyrelevade 2002, dass die CL eine Übernahme durch die CA begrüßen würde. Im Juni 2003 war der Erwerb abgeschlossen. Die finanziell kostspielige Integration zog sich bis 2005, was nicht zuletzt Risikovorsorgen für riskante CA-Firmenkredite verlangte. Zudem brachte die CA den CL-Finanzinvestor Rue Imperiale in die Investmentgruppe Eurazeo ein, an der CA Anteile erworben hatte. Weiteren Schub für den Zweig "Corporate and Investment Banking" brachten die entsprechenden CL-Aktivitäten, die mit der CAI in der neu gebildeten Tochterfirma Calyon aufgingen. Zuletzt firmierte C. die CL in Le Crédit Lyonnais (LCL) um und ordnete diese als Zweitmarke in die Struktur der CASA ein. Damit hatte sich die CA als damals größter Bankenkonzern Frankreichs aufgestellt. 2004 erfolgte der Aufkauf des Konsumenten-Kredit-Anbieters Finaref, der bis 2010 mit der Sofinco komplett fusioniert wurde. Als Stabilitätsfaktor im CA-Bankenverbund erwiesen sich einmal mehr die genossenschaftlichen Regionalbanken. Allerdings erwies sich in den folgenden expansiven Jahren die gebotene Balance zwischen genossenschaftlicher Basis und den von Börse und Investoren getriebenen Interessen als nicht einfach.

Expansion innerhalb Europas Das internationale Geschäft, das lange Zeit vornehmlich auf der italienischen Banca Intesa (2005: 17,8 %) gründete, wurde von C. und dem ab 2005 amtierenden Directeur général Georges Pauget schwerpunktmäßig durch Übernahmen und Beteiligungen erweitert, zunächst in Portugal, Tschechien, Serbien und Ägypten. Im Aug. 2006 vereinbarte der CA, den Anteil an der fünftgrößten griechischen Bank, der Emporiki, von 8,9 % auf 100 % aufzustocken. Der Preis von insgesamt 2,2 Mrd. Euro (vgl. Hbl., 2.10.2012) wurde weitgehend in bar aus Rücklagen entrichtet. Über die Auslandsniederlassungen der Emporiki plante der CA die Expansion des Privatkundengeschäfts in Südosteuropa. Und zunächst trug das Auslandsgeschäft auch zur Entwicklung des Konzerns bei. Zusätzlich erhöhte die CA den Anteil an der sechstgrößten spanischen Bank, der Bankinter, auf gut 20 %.

Im Sog von Finanzmarkt- und GriechenlandkriseDer unter C. lancierte Expansionskurs brachte die CA ab Ausbruch der Finanzmarktkrise Ende 2007 in Schwierigkeiten. Dies betraf insbesondere die Calyon und den massiven Aufkauf riskanter Investmentpapiere mit dem damaligen Ziel, in diesem für den CA neuen Feld rasch Fortschritte zu erzielen (vgl. Hbl., 6.11.2009). Allerdings fielen allein bis Mai 2008 Wertberichtigungen auf Papiere der Calyon im Volumen von rund 4,5 Mrd. Euro an. Im Mai 2008 leitete die CA zur Deckung der Calyon-Ausfälle die Aufstockung ihres Kapitals um 5,9 Mrd. Euro ein, was nicht zuletzt die genossenschaftlichen Mitglieder garantierten. Allerdings baute der CA in der Folge das Investmentbanking zurück. Auch die Auslandsexpansion wurde gestoppt, zumal die Emporiki aus dem Gleichgewicht kam und komplett neu finanziert werden musste; bis Okt. 2012 waren dies Belastungen für die CA von 2,9 Mrd. Euro. Rückschläge gab es ab 2010 auch in Spanien und Portugal, wo bis Ende 2011 Abschreibungen von 2,5 Mrd. Euro anfielen.

Abgang und weitere Entwicklungen der CA-GruppeIm Nov. 2009 kündigte der CA an, dass C. und Pauget im Frühjahr 2010 abtreten würden. Auf C. folgte zum 1. März Jean-Marie Sander, bis dahin Chef der FNCA. Neuer Directeur général wurde Jean-Paul Chifflet. Im Okt. 2012 gab die CA die Emporiki für einen symbolischen Euro an die griechische Alpha-Bank ab. Damit verblieb Italien als einziger ausländischer Schwerpunktmarkt.

Die Bilanzsumme belief sich 2004 auf rund 913 Mrd. Euro, 2011 waren es 1,723 Billionen Euro. Der Jahresüberschuss verbesserte sich 2003-2005 von 1,5 über 2,5 auf 4,3 Mrd. Euro. Infolge Abschreibungen und Restrukturierungen fiel 2011 ein Jahresverlust von 1,5 Mrd. Euro an. Ende 2005 waren 62.000 Mitarbeiter beschäftigt, 2011 rund 87.500.

Anfang 2013 war C. Verwaltungsratspräsident der Organisation Fondation pour l'Agriculture et la Ruralité dans le Monde (FARM), die an die CA-Gruppe angeschlossen ist; zudem ist C. Mitglied im Verwaltungsrat (Consiglio di Amministrazione) von Fiat Auto S.p.A. in Turin.

Familie

C. ist seit 1963 mit Françoise, geb. Dupasquier, verheiratet. Das Paar hat vier Kinder, Pascale, Nathalie, Valérie und Jean-Philippe.

Auszeichnungen

Auszeichnungen: Chevalier (Légion d'honneur, Ordre national du Mérite), Officier (Mérite agricole).

Mitgliedschaften

Frühere Ämter: Verwaltungsrat (Suez, Fiat), fr. Aufsichtsrat (Groupe Lagardère).

Adresse

c/o Fondation FARM, 100 Boulevard du Montparnasse, 75014 Paris, Frankreich, Tel.: +33 1 57720719, Internet: www.fondation-farm.org



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