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MUNZINGER Personen

Christine Langenfeld

deutsche Juristin; Richterin des Bundesverfassungsgerichts; Prof.; Dr.
Geburtstag: 16. August 1962 Luxemburg
Nation: Deutschland - Bundesrepublik

Internationales Biographisches Archiv 50/2016 vom 13. Dezember 2016 (cs)


Blick in die Presse

Herkunft

Christine Langenfeld, geb. Wagner, wurde am 16. Aug. 1962 in Luxemburg geboren. Dort arbeitete damals ihr Vater, der spätere CDU-Politiker Carl-Ludwig Wagner (1930-2012), im Generalsekretariat des Europäischen Parlaments, ab 1964 als dessen Direktor. 1969 wurde er Mitglied des Deutschen Bundestages, 1976 übernahm er das Amt des Oberbürgermeisters von Trier. Später, ab 1979, war Wagner Landesminister in Rheinland-Pfalz (Justiz sowie dann Finanzen) und 1988 bis 1991 Ministerpräsident. L. wuchs mit zwei jüngeren Brüdern auf.

Ausbildung

L. studierte ab 1980 Rechtswissenschaft an den Universitäten Trier, Mainz und Dijon (Frankreich). Nach dem Ersten Staatsexamen 1986 in Mainz folgte eine Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am dortigen Lehrstuhl für öffentliches Recht und Europarecht. Zudem erarbeitete sie ihre Dissertation zum Thema "Die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Europäischen Gemeinschaftsrecht". 1989 wurde sie promoviert. Dann absolvierte sie das Referendariat und 1991 das Zweite Staatsexamen. Nach Jahren als Wissenschaftlerin erhielt sie 1997 ein Habilitationsstipendium (DFG). Im Jahr 2000 legte sie ihre Habilitationsschrift "Integration und kulturelle Identität zugewanderter Minderheiten - eine Untersuchung am Beispiel des allgemeinbildenden Schulwesens in der Bundesrepublik Deutschland" vor.

Wirken

Wissenschaftliche LaufbahnNach dem Zweiten Staatsexamen war L. wissenschaftliche Referentin, zuerst am Lehrstuhl für Öffentliches Recht sowie Europa- und Völkerrecht der Universität des Saarlandes und dann 1991 bis 1997 am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg. Im Juni 2000 wurde sie an der Universität des Saarlandes habilitiert und es wurde ihr die Venia legendi für deutsches und ausländisches öffentliches Recht, Europa- und Völkerrecht verliehen. Ihre Habilitation eröffnete ihr in demselben Jahr die Berufung auf einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht (C 3) an der Universität Göttingen, ab dem Jahr 2006 verbunden mit der Berufung zur Direktorin für Kulturverfassungs- und Kulturverwaltungsrecht am dortigen Institut für Öffentliches Recht. Darüber hinaus war sie 2006/2007 und 2015/2016 auch Geschäftsführende Direktorin dieses Instituts. 2008 bis 2010 amtierte sie zudem als Dekanin der Juristischen Fakultät und 2011/2012 als Assoziierter Fellow am Lichtenbergkolleg ebenfalls in Göttingen. Nach Ablehnung eines Rufes auf eine Professur für öffentliches Recht an der Universität Erlangen-Nürnberg wurde sie im März 2012 Direktorin der Abteilung für Staatsrecht am Institut für Öffentliches Recht der Universität Göttingen.

Expertin für Migration und IntegrationL. rückte 2009 über ihre Professur hinaus in den neunköpfigen und interdisziplinär besetzten Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) ein und übernahm 2012 den Vorsitz. In den ersten Jahren bildeten Fragen zum Integrations- und Migrationsgeschehen in Deutschland einen Schwerpunkt der Arbeit des Rates, die in der Vorlage sogenannter Jahresgutachten jeweils im April eines Jahres zu unterschiedlichen Fragen in diesem Themenfeld gipfelt. In seiner Arbeit nahm der SVR allerdings stets auch das Wanderungsgeschehen im internationalen Rahmen, insbesondere innerhalb der EU in den Blick (z. B. Jahresgutachten 2013). Nicht zuletzt nannte L. die EU-Freizügigkeit eine Dividende, von der Deutschland profitiere, da nachweislich zu größeren Teilen gut qualifizierte Fachkräfte zuzögen. Im Jahresgutachten 2015, das sich mit dem Einwanderungsland Deutschland im internationalen Vergleich befasste, mahnte der SVR "ein migrationspolitisches Gesamtkonzept an, das Deutschland auch strategisch als Einwanderungsland positioniert". Zudem schlugen die Experten angesichts der hohen Flüchtlingszahlen und der erkennbaren Dysfunktionalität des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems der EU (GEAS) vor, "ein neues Verfahren für die EU-Flüchtlingspolitik zu prüfen: Flüchtlinge sollen nach der Anerkennung ihres Asylantrags in ein EU-Land ihrer Wahl weiterwandern können", insbesondere für die Arbeitsuche. So bleibe das Prinzip der grundsätzlichen Zuständigkeit des Ersteinreisestaates (Dublin-Verordnung) für das Asylverfahren, aber auch für die Rückführung erhalten. Dieses müsse allerdings ergänzt werden durch einen effektiven Mechanismus der Lastenteilung innerhalb der EU bei der Flüchtlingsaufnahme. Pragmatisch empfahl L. in weiteren Stellungnahmen, die Verfahren für Flüchtlinge mit guten Bleibeperspektiven zu beschleunigen, damit Integrationsmaßnahmen schneller greifen könnten. Zudem warb sie für kollektive Aufnahmeverfahren über die EU in Form von Kontingenten, die dann nach einem näher festzulegenden Schlüssel auf die EU-Staaten verteilt werden sollten. Hinsichtlich der Integration plädierte sie dafür, dass der Staat angesichts einer säkularer und multireligiöser werdenden Gesellschaft insbesondere in der Schule für einen gemeinsamen Wertekanon eintreten, aber entsprechend seiner freiheitlichen Ausrichtung andererseits die kulturelle/religiöse Identität der Zuwanderer achten soll (vgl. SZ, 8.7.2016).

Berufung ans BundesverfassungsgerichtIm Juli 2016 wählte der Bundesrat L. auf Vorschlag der CDU hin zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Bundespräsident Joachim Gauck überreichte ihr am 20. Juli 2016 die Ernennungsurkunde. L. folgte auf Herbert Landau, der mit 68 Jahren altersbedingt etwas vorzeitig ausscheiden musste. L. trat mit ihrem Eintritt in den Zweiten Senat unter Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle ihre einmalig zwölfjährige Amtszeit in Karlsruhe an. Der Zweite Senat ist als eine Art Staatsgerichtshof für Fragen des institutionellen Verfassungsrechts wie z. B. Bund-Länder-Angelegenheiten, das Verhältnis der Verfassungsorgane untereinander und Fragen der europäischen Integration zuständig. Daneben ist ihm u. a. die Zuständigkeit für das Beamten-, das Asyl- und Strafrecht zugewiesen. Bei ihrer Berufung wurde L. als "konservativ grundiert, aber integrationistisch ausgerichtet" (FAZ, 9.7.2016) beschrieben.

Familie

L. und ihr Mann Dr. jur. Harald Langenfeld, der Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Leipzig ist, haben eine erwachsene Tochter. Hobbys und Interessen von L. sind Bildende Kunst und Theater.

Werke

Werke/Aufsätze (u. a.): "Die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Europäischen Gemeinschaftsrecht" (89, Diss.), "Integration und kulturelle Identität zugewanderter Minderheiten - eine Untersuchung am Beispiel des allgemeinbildenden Schulwesens in der Bundesrepublik Deutschland" (00, Habil.), "Integration und kulturelle Identität zugewanderter Minderheiten" (01), "Die rechtlichen Voraussetzungen für islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen" (05), "Einführung in das Staats- und Freiheitsverständnis des Grundgesetzes" (09), "Religiöse Freiheit – Gefahr oder Hilfe für die Integration?" (11), "Muslime als Akteure der Zivilgesellschaft – Politische und rechtliche Rahmenbedingungen in der Einwanderungsgesellschaft" (13), "Kommentierung zu Art.3 Abs. 2 und 3 S.1 GG" (15).

Mitgliedschaften

Weitere Ämter/Mandate: Scientific Advisory Board der Universität Wien (seit 14), fr. Mitglied des Universitätsrats der Universität Konstanz (15/16); Mitglied des Beirats der START-Stiftung; in ihrer Jugend war sie für die CDU in Mainz-Mombach aktiv.

Adresse

c/o Bundesverfassungsgericht, Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe, Tel.: 0721 9101-349, E-Mail: bverfg@bundesverfassungsgericht.de, Internet: www.bundesverfassungsgericht.de



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