Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Werner Jung
Stand: 15.09.2014
Möglicherweise kann man darin den tiefsten Schreibimpuls von Rita Kuczynski, geradezu ihre poetologische Kernaussage erkennen: „Was mich betrifft“, schreibt sie im autobiografischen Buch „Mauerblume. Ein Leben auf der Grenze“ (1999), „empfinde ich eine lebenslängliche Trauer darüber, keinen Glauben haben zu können. Ich konnte nicht an Gott glauben, nicht an das Kommunistische Manifest und bisher auch an kein esoterisches Phänomen. Die Gottlosigkeit im wahrsten Sinne macht das Leben schwer.“ Und sie hätte gewiss auch nichts dagegen einzuwenden, wenn man ihre Texte – die Romane ebenso wie ihre Sachbücher und Teile ihrer journalistischen Arbeiten – von autobiografischen Anlässen inspiriert sieht. Vom ungarischen Philosophen und Literarhistoriker Georg Lukács stammt eine Formulierung, die in Bezug auf eine geplante, jedoch nie realisierte Autobiografie geäußert worden ist: Bei ihm sei jede Sache die Fortsetzung von etwas, und es gebe keine anorganische Entwicklung. In diesem Sinne kann man auch die Texte Rita Kuczynskis als ständige „Fortschreibung“ (Heinrich Böll) begreifen. Immer wieder sind es (auto-)biografische Situationen bzw. Stationen, oftmals im Zusammenhang mit historischen Konstellationen, die den Anlass für den literarischen Text – die Verwandlung von Realität in ...