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Nation: | Deutschland |
von Angela Schader
Stand: 01.03.2023
Peter Schünemanns gedrucktes Werk beansprucht wenig Raum. Wenige Sammlungen mit Erzählungen, etliche dokumentarische Autorenporträts, aus „erdachten Szenen“ gefügte Dichterbiografien; schmale Bände, offenbar zögernd an die Öffentlichkeit gegeben. Darin jedoch, in dichter Sprache verwahrt: ein Weltbild, das dechiffriert werden muss wie ein Fotonegativ, entstanden aus vielfältigen Überblendungen von Geistesgeschichte und Einzelschicksal. Deutlich reflektiert es auch die Präsenz des Autors – der doch gleichzeitig, und unter dem Gesetz derselben Optik, hinter die Darstellung zurücktritt: „Man ermittle die Bilder nicht mehr, sondern reihe die tausend Spiegel aneinander, in denen sie sich gebrochen hätten, durchschneide die abertausend Augäpfel, die auf ihren Ursprung gestarrt, ihn gemalt, in zerbrechliche Noten gesetzt, zuboden geschrieben hätten.“ („I.A. Rimbaud, Handelsagent“)
Das Zitat ließe sich in doppelter Hinsicht auf Schünemanns Werk anwenden. Zum einen umschreibt es die Situation des Biografen, dem zur Rekonstruktion der Lebenswirklichkeit nur mehr solche „Spiegel-Bilder“ zur Verfügung stehen; zum andern ist hier, in äußerster Reduktion, die gesamte Anlage von Schünemanns literarischer Arbeit erfasst. Ein breiter kulturgeschichtlicher Horizont wird zusammengezogen in die Perspektive hoffnungsferner Entfremdung; eine Denkspur, einsetzend bei der „Morgenröte“ des deutschen Mystikers Jakob Böhme, verfolgt das ...