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Nation: | Deutschland |
von Annegret von Wietersheim
Stand: 15.02.2015
Mit den Enthüllungen der Stasiverstrickungen vieler Schriftsteller der ehemaligen DDR erlangte auch Paul Wiens, seit seinem Tod 1982 in Ostdeutschland eher in Vergessenheit geraten und in Westdeutschland ohnehin kaum rezipiert, in den Nachwendejahren kurzzeitig eine gewisse Bekanntheit. Joachim Walther zeichnet in seinem Standardwerk „Sicherungsbereich Literatur“ Wiensʼ Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit eindrucksvoll nach: Als IM „Dichter“ bespitzelte er Kollegen im Berliner Schriftstellerverband, Nachwuchslyriker, westdeutsche Autoren, sowjetische Dissidenten und, im Falle Irmtraud Morgners, seine eigene Frau. Ab den 1970er Jahren machte er im Dienst des MfS eine so steile Karriere, dass für seine literarische Arbeit kaum noch Zeit blieb. Die Wahrnehmung Wiensʼ als linientreuer, affirmativer Parteidichter, die sich vor allem aus den während der „Aufbauphase“ der DDR entstandenen Massenliedern und Agitprop-Texten ableitet, wird durch die Offenlegung seiner langjährigen IM-Tätigkeit rückwirkend verstärkt und in der Literaturgeschichtsschreibung verfestigt. Am lyrischen Werk der 1950er und 1960er Jahre lässt sich jedoch parallel zur staatskonformen Textproduktion Wiensʼ zunehmend differenzierte Auseinandersetzung mit der DDR-Wirklichkeit ablesen, die sich sprachlich in der Entwicklung vom kulturpolitisch geforderten Sozialistischen Realismus zu einer – wenn auch zaghaften – ...