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Nation: | Deutschland |
von Thomas Reschke
Mit der Zitatcollage „H. Protokoll“ (1970) hat Klaus Stiller als einer der konsequentesten Vertreter jener experimentellen Dokumentarliteratur auf sich aufmerksam gemacht, der es nicht um die Rekonstruktion von Fakten geht, sondern um die sprachliche Gestalt, in der diese vermittelt werden (s.a. Heißenbüttel, Wühr). Sein erster, fast unter Ausschluß der Öffentlichkeit als bibliophiler Walter-Druck erschienener Erzählungsband „Die Absperrung“ (1966; Auflage 1200) konnte noch als Stilübung aus dem Umkreis der sprachreflektierenden, antifiktionalen Literatur mißverstanden werden, die sich in den sechziger Jahren mit Jürgen Becker, Ludwig Harig, Wolf Wondratschek, G.F. Jonke, Peter Handke u.a. Geltung verschaffte. Doch entschiedener als diesen Adepten von Wiener Schule und Wittgensteinscher Sprachphilosophie galt Stillers Interesse der kritischen Durchleuchtung herrschender Sprachgesten, um das sich in ihnen manifestierende Bewußtsein transparent zu machen. Seine gesellschaftskritisch verstandene Sprachkritik befindet sich auf einer ständigen Gratwanderung zwischen wohlfeiler Parodie und angestrengter Didaktik. Beiden Gefahren entgeht Stiller nicht immer. Im besten Fall entstehen Satiren, wie sie in ihrer Angriffslust in der westdeutschen Literatur selten sind. Dem „Tagebuch eines Weihbischofs“ kommen nur noch die Dokumentar-Polemiken von F.C. Delius gleich.
Schon die drei Texte der „Absperrung“ sind ...