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Nation: | Deutschland |
von Klaus Fischer
Während des Studiums und der Redakteurstätigkeit in Leipzig begann Kästner in vielen Zeitungen und Zeitschriften zu veröffentlichen, um sich dann ab Mitte der zwanziger Jahre rasch zu einem der populärsten Verfasser kritischer Gesellschaftssatire zu profilieren, die aus einer undogmatisch linksbürgerlichen, nie marxistischen Sicht die Krisensymptome während der Endphase der Weimarer Republik kommentierte. Kästners Hinwendung zur satirischen Zeitkritik, seine dezidiert aufklärerisch-pädagogische Haltung und radikal antimilitaristische Einstellung beruht entscheidend auf der im Lehrerseminar (seit 1914) als unmenschlich erfahrenen Erziehungsrepression und der (auch im Kasernendrill geübten) Brutalität des Ersten Weltkriegs. Wichtig für die Präzisierung seiner Thematik war ab 1927 das Großstadterlebnis. Die kulturelle Metropole Berlin war infolge der politischen und ökonomischen Erschütterungen (Weltwirtschaftskrise) zum Brennpunkt jener Dekadenzerscheinungen geworden, die dem Moralisten Kästner scheinbar unbegrenztes Anschauungsmaterial für seine journalistischen und eigenen literarischen Arbeiten anboten.
Es lag weniger in seiner Absicht, eine theoretisch fundierte Analyse der sozialen und wirtschaftlichen Krisensituation zu erstellen, sondern vielmehr die zur Satire umfunktionierte Chronik von deren bedrückenden Folgeerscheinungen. Satire hielt Kästner, wie er häufig feststellte, für das dem Schriftsteller einzig zur Verfügung stehende Erziehungsmodell und Erkenntnismittel, um auf seine Vorstellung einer nach Vernunftprinzipien ...