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Nation: | Österreich |
von Thomas Kraft und Christa Gürtler
Stand: 01.03.2023
Wenn Elisabeth Reichart in einer Hommage an ihre Schriftstellerkollegin Ilse Aichinger diese als Suchende beschreibt, „die sich der Angst stellt und in die Finsternis hineingeht, die viel tiefer ist, als sie scheint“ (in: „Österreichische Dichterinnen“, 1993), dann umreißt sie damit auch ihr eigenes literarisches Selbstverständnis. Und wenn es dort weiter über Aichinger heißt, „sie drückt ihr Mißtrauen aus gegen alles, was man mit Recht sagen kann“, könnte dies auch ein Kernsatz aus dem eigenen poetologischen Konzept sein. Reichart setzt Wahrnehmungen aus weiblicher Perspektive literarisch um. Sie beschreibt eine von männlicher Sprache, Sexualität und Gewalt dominierte Gesellschaft, analysiert patriarchalische Strukturen und Prinzipien in Vergangenheit und Gegenwart und ruft verdrängte und vergessene Wirklichkeiten als Folie möglicher Selbstbefragung ins Gedächtnis zurück.
Ihre sprachskeptische Haltung korrespondiert mit einer beharrlichen Spurensuche, wobei ihr Interesse auf konkrete historische Personen und Kontexte wie auch auf allgemein gesellschaftliche Strukturen gerichtet ist. Ob als Monolog, Rollenprosa, biografisches Erzählen oder Montagegeflecht aus Traumsequenzen, Suaden und assoziativen Elementen, Reicharts Texte bemühen sich unabhängig von ihrer Erzählhaltung um eine sprachsinnliche Aussagekraft. Dabei werden feministische Grundpositionen mitreflektiert, und doch wird diese Prosa ...