Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Hermann Korte
Stand: 15.09.2016
Durs Grünbein, so erinnert Kurt Drawert, sei in der DDR nicht einmal „eine Empfehlung hinter vorgehaltener Hand“ gewesen, als der erste Gedichtband „Grauzone morgens“ 1988 bei Suhrkamp erschien. Um so beeindruckender ist der rasche Erfolg eines Lyrikers, der schnell, mit Drawerts Worten, „zu einem der wichtigsten Vertreter einer jüngeren Lyriker-Generation“ avancierte.
1988, das Jahr vor der Wende, war für Grünbein ein literarischer Anfang. Er hatte keine Zäsur und keine Schreibkrise zu überwinden, hatte keinen Weltbildverlust zu verschmerzen. Dabei dokumentiert „Grauzone morgens“ wie kaum ein anderer Text DDR-Agonie unmittelbar vor dem Zerfall. „Alles passiert jetzt in Augenhöhe“, so lautet das Motto eines lyrischen Subjekts, das mit seinem Kamerablick die „Grauzone“ gewöhnlichster Normalität aufspürt: „IN UNSEREN BREITEN ruft man die Dinge / nicht an, jeder weiß das: kein / Grund zur Beschwörung. Wer morgens // aufwacht braucht nur den Wecker zur / Orientierung, das Radio meldet sich / pünktlich von selbst mit den // vertrauten Tiefseegeräuschen.“ Das Ich registriert, inventarisiert eine Menge diffuser, im Frühlicht trübe aufscheinender Details und gibt ihnen – oft kaum mehr als einen Vers lang – eine poetische Abbreviatur. Grünbeins ...