Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Sebastian Schulze
Stand: 15.02.2014
„Etwas riefe mich, dachte ich, es riefe mich, und ich müsste antworten.“ Dieses Motto, mit dem Brigitte Oleschinski ihre Sammlung poetologischer Essays „Reizstrom in Aspik. Wie Gedichte denken“ (2002) beginnt, enthält in komprimierter Form zentrale Aspekte ihrer poetischen Arbeit. Mit dem Moment der Anrufung durch eine Instanz, die gleichsam aus dem Inneren der eigenen Person wie dem äußeren Raum, gleichsam aus einer gegenwärtigen Nähe wie einer anderen, vergangenen Zeit zu stammen scheint, beginnt ein Impuls, zu schreiben und zu lesen, der als solcher sowohl Empathie wie Verantwortung für jenes Etwas in sich trägt, das ruft. Brigitte Oleschinski, die als promovierte Zeithistorikerin über die Gräuel der Strafjustiz unter den wechselnden Gewaltregimen in der jüngsten deutschen Geschichte arbeitete, setzt auch ihre Gedichte in einen ethischen Horizont, indem sie in ihnen den Anruf des Vergangenen an uns Nachgeborene aufnimmt und eine poetische Antwort wagt. Die Autorin, die von Helmut Böttiger als „wichtigste zeitgenössische lyrische Stimme neben Durs Grünbein“ (in: Frankfurter Rundschau, 13. 12. 1997) bezeichnet worden ist, steht mit einem solchen Anspruch an den literarischen Text in der Tradition eines Lyrikers wie Peter Huchel (sie ...