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Nation: | Polen |
von Dörte Lütvogt
Stand: 01.06.2005
Als im Oktober 1996 die Königlich-Schwedische Akademie in Stockholm entschied, den Literatur-Nobelpreis 1996 an Wisława Szymborska zu verleihen, mischten sich in die allgemeine Zustimmung auch einige kritische Stimmen, die der Dichterin vorwarfen, sie habe einstmals Lobgedichte auf Lenin, Stalin und die Kommunistische Partei verfasst. Diese angesichts des Gesamtwerks der Dichterin zweifellos ungerechte Kritik bezog sich auf die ersten beiden selbstständigen Gedichtbände Szymborskas, „Dlatego żyjemy“ (Deshalb leben wir) aus dem Jahr 1952 und „Pytania zadawane sobie“ (Fragen, die ich mir stelle) von 1954. In der Tat unterscheiden sich die Gedichte dieser beiden Bände, die in der Periode des staatlich aufoktroyierten „Sozialistischen Realismus“ entstanden und noch ganz dem sozialistischen Verständnis von ‚engagierter Lyrik‘ entsprachen, wesentlich von den späteren. Geprägt von den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und beeinflusst von „einer allzu optimistischen, aus Programmen abgeleiteten Weltsicht“ (Jadwiga Zacharska) besang die Dichterin in dieser frühen Phase den Bau von Nowa Huta, die Partei, die Liebe zum Vaterland, die Konstitution der Volksrepublik, die Helden von Stalingrad usw. Doch selbst in diesen Texten, von denen die Autorin sich später distanzierte ...