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Nation: | Russland |
von Gisela Erbslöh
Stand: 01.08.1983
Die bundesrepublikanische Kritik tut sich schwer mit der Einordnung Veniamin Kaverins in ein kulturpolitisches Umfeld. Kaverin kann weder als Vertreter des sozialistischen Realismus gelten, noch gehört er einer Gruppe (literarischer) Dissidenten an – wenn auch sein Name in den 1960er Jahren in Verbindung mit der sowjetischen Diskussion um Solženicyns „Krebsstation“ im westlichen Ausland bekannt wurde. Kaverin hat sich seit dem zweiten Schriftstellerkongress 1954 publizistisch für verbotene und totgeschwiegene Schriftsteller eingesetzt und galt seinerseits im Westen als Protagonist der „Tauwetter-Literatur“. Als Mitherausgeber des Almanachs „Literaturnaja Moskva“ (Literarisches Moskau, 1956) veröffentlichte er unter anderem Schriften Tynjanovs und Bulgakovs – ein literaturpolitischer Akt ebenso wie die positive Wertung der russischen Surrealisten Daniil Charms und A. Vvedenskij in Kaverins literarischen Erinnerungen „V starom dome“ (Im alten Haus, 1971). Derartigen Abweichungen vom Offizial-Kanon zum Trotz konnte Kaverin seit seiner ersten Buchpublikation 1923 in jeder Epoche der sowjetischen Literatur veröffentlichen. Auch im Falle seines Einsatzes für Alexander Solženicyn, der ihm eine Rüge des Schriftstellerverbandes einbrachte, galt sein Engagement der Freiheit der Literatur, nicht der politischen Deklaration.
Seine literarische Praxis verrät ein ausgeprägtes Form-Bewusstsein, das ...