Serhij Žadan

Im Jahr 1991 erlangte die Ukraine ihre Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Es war, abgesehen von einer kurzlebigen, erfolglosen Staatengründung nach dem Ersten Weltkrieg, überhaupt das erste Mal in der Geschichte, dass die Ukraine als unabhängiger Staat in Erscheinung trat, obwohl die ukrainische nationale Idee bereits im 19. Jahrhundert entstand. Das heutige Territorium der Ukraine war vor dem Ersten Weltkrieg Teil des russischen und österreichischen Imperiums, nach dem Krieg fielen die Westgebiete an Polen, Rumänien und die Tschechoslowakei, der Osten wurde Teil der Sowjetunion. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde durch die Westverschiebung Polens auch ein Großteil der ukrainischen Westgebiete in die Sowjetunion integriert.

Der Zusammenbruch der Sowjetunion stellte die ukrainische Literatur vor neue Aufgaben. Die Entstehung einer neuen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Ordnung erforderte einen radikalen Wandel der literarischen Kultur. Dabei waren es zunächst in erster Linie Schriftsteller aus dem westlichen Teil des Landes, die konsequent mit den sowjetischen literarischen Mustern brachen und sich aufmachten, eine neue ukrainische Literatur zu schaffen, in der die sich aufdrängenden Fragen nach ukrainischer Identität und neuen gesellschaftlichen Werten verhandelt wurden.

So entstand in der ...