Von Carel ter Haar
VoraussetzungenAm 5.Mai 1945 hatte die fünfjährige deutsche Besatzung der Niederlande ein Ende. Der Schock war groß gewesen, als sich die Hoffnungen auf Neutralität, die sich im Ersten Weltkrieg erfüllt hatten, im Mai 1940 innerhalb von wenigen Tagen zerschlugen und als an die Stelle einer von relativer Zurückhaltung geprägten Anfangsphase eine immer restriktivere Besatzungspolitik trat. Nach der Euphorie der Befreiung wurde die Wirklichkeit schon bald von den Nachwirkungen der vorangegangenen fünf Jahre überschattet. Zur Trauer über die Opfer, unter ihnen etwa hunderttausend jüdische Mitbürger, die in den Vernichtungslagern umgebracht worden waren, kamen die Verarbeitung der Kriegsereignisse, die Behebung der Kriegsschäden, die Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle in den Besatzungsjahren, Bemühungen um eine politische Neuorientierung sowie Probleme um die asiatische Kolonie, das spätere Indonesien, hinzu. Schon während des Krieges waren von verschiedenen Seiten Überlegungen über die politische und gesellschaftliche Erneuerung des Landes angestellt worden. Sie waren immerhin so schwerwiegend, daß anders als etwa in Belgien oder Norwegen nach Kriegsende das letzte amtierende Parlament zunächst nicht zusammengerufen wurde. Eine von der damaligen Königin Wilhelmina, die während der Kriegsjahre zur Symbolfigur des niederländischen Durchhaltewillens geworden war, mit angeregte vorläufige Regierung übernahm ...