Geburtstag: | |
Nation: | Frankreich |
von Uwe Lindemann, Betül Dilmac und Julia Encke
Stand: 15.02.2022
Michel Houellebecq ist ein Autor, der Position bezieht. Wo sich andere Literaten im Spiel mit subtilen Anspielungen, formalen Experimenten oder bedeutungsschwangeren Bemerkungen ergehen, wählt Houellebecq die direkte, häufig provokante Aussage. „Ich bin der Radikalste von allen“, so Houellebecq in einem Interview mit Emily Eakin. Radikal sind seine Texte in der Tat. Denn für Houellebecq ist die gegenwärtige Welt keineswegs die Beste aller möglichen. Seine Texte sind von tiefem Pessimismus geprägt, der bisweilen apokalyptische Züge annimmt. Mit klinischem Blick seziert er die Gegenwartskultur bis in ihre kleinsten Verästelungen hinein und reißt ihr die Maske des schönen Scheins vom Gesicht. Houellebecq möchte keinen „widerwärtigen ‚poetischen Realismus‘“ produzieren, wie er ihn etwa im Werk von Jacques Prévert, dem Drehbuchautor von „Die Kinder des Olymp“ (1943–1945), verwirklicht sieht. Im Gegenteil, von einem zugleich analytischen und dokumentarischen Anspruch geleitet, will er „das Unglück der Welt widerspiegeln“ (Interview mit Marianne Wellershoff / Rainer Traub). Daher ist Literatur für Houellebecq keine Arbeit mit und an der Sprache, keine Frage des Stils. Seine Texte bestechen weder durch stilistische Brillanz noch durch eine besonders artifizielle ...