Geburtstag: | |
Nation: | Volksrepublik China |
von Wolfgang Kubin
Der Erzähler Wang Meng ist eine der interessantesten und schillerndsten Persönlichkeiten der chinesischen Literaturszene seit Ende der siebziger Jahre. Als Vorreiter eines vermeintlichen stream of consciousness – tatsächlich handelt es sich hier (vgl. William Tay, 1984) lediglich um erlebte Rede – geriet er in China gleich nach seiner Rehabilitierung (Juni 1979) ins Zielfeuer der Kritik. Der Westen sah in ihm dagegen weniger den erzähltechnischen Neuerer als vielmehr das politische Chamäleon, das sich den jeweiligen aktuellen Erfordernissen anzupassen wusste. Doch wer nur das zwischen 1979 und 1986 entstandene, 2,5 Millionen Schriftzeichen umfassende Werk genauer betrachtet, wird neben tatsächlich eindeutig zu nennenden Bekenntnissen zur gegebenen politischen Ordnung oftmals einer Differenziertheit begegnen, die sich jeder Eindeutigkeit entzieht und sich dadurch entscheidend von der seit 1978 staatlicherseits geforderten und geförderten Literatur abhebt. Seit seiner Jugend geschult an Werken und an der Literaturtheorie der Sowjetunion (der Schriftsteller als ,Ingenieur der Seele’, Literatur als ,Eingriff ins Leben’), die möglicherweise von viel grundlegenderem Einfluss als die westliche Literatur waren, betont Wang Meng in allen literaturtheoretischen Äußerungen gegen die Auffassung von einer reinen Literatur und im Sinne “gesunder” Werke im Dienste ...