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Nation: | Argentinien |
von MatÌas MartÌnez
1954 sprach der Literaturwissenschaftler Wolfgang Kayser in seinem einflußreichen Aufsatz “Entstehung und Krise des modernen Romans” die Befürchtung aus, der Tod des Erzählers, der sich in der Literatur des 20.Jahrhunderts vielerorts abzeichne, werde den Tod des Romans nach sich ziehen. Denn erst die für den herkömmlichen Roman charakteristische Instanz des Erzählers ermögliche, so Kayser, eine sinnstiftende Gestaltung des Stoffes, legitimiere den Roman als Kunstform und begründe seine Stellung als wichtigste Form der europäischen Literatur seit dem 18.Jahrhundert. Ohne ihn drohe diese Gattung in formlose Beliebigkeit zu versinken und an ihrer Aufgabe zu scheitern, “die Fülle der Erscheinungen zu sichten, zu vergleichen, zu werten und einzuordnen”. Damit weist Kayser einem künstlerischen Gestaltungsmittel eine geradezu transzendentale Funktion zu. Die Verwendung eines Erzählers ermögliche stabile Ordnung und überschaubare Homogenität angesichts einer Wirklichkeit, deren disparater Rohzustand als literarisch unzumutbar abgewiesen wird. Dem Erzähler wird in mehrfacher Weise Autorität zugeschrieben – die produktive Autorität, eine fiktionale Geschichte als Gegenwelt zur realen Welt zu entwerfen, die ideologische Autorität, seinen Text mit einem Sinn zu versehen, der in der alltäglichen Erfahrung von Wirklichkeit verdeckt bleibt, und die ...