Geburtstag: | |
Nation: | Spanien |
von Christian von Tschilschke
Stand: 15.09.2021
Javier Cercas ist einer der meistgelesenen und -diskutierten spanischsprachigen Schriftsteller der Gegenwart. Als Verfasser von Romanen, Essays und Zeitungsartikeln, als öffentlicher Intellektueller und gefragter Interviewpartner hat er sich international einen Namen gemacht. Sein unverwechselbares Profil hat er mit einer Reihe sehr erfolgreicher hybrider literarischer Erzähltexte gewonnen, die als ‚Romane‘ nur unzureichend klassifiziert sind. Ihr Darstellungsmodus lässt sich am besten mit den Begriffen ‚Autofiktion‘ und ‚Dokufiktion‘ beschreiben. Sie sind daran zu erkennen, dass ihr Erzähler deutliche Parallelen zu Person und Biografie des Autors aufweist und ihre Handlung auf der gleichsam journalistischen Rekonstruktion zeitgeschichtlich bedeutsamer Ereignisse beruht, bei der sich Fakten und Fiktion bis zur Ununterscheidbarkeit vermischen. Gleichzeitig besteht Cercas jedoch auf einer deutlichen Trennung der Diskurse. Während er in seinen journalistischen Artikeln und in Interviews als meinungsstarker politischer Kommentator auftritt, der auch vor Polemik nicht zurückscheut, kultiviert er in seinen spielerisch-selbstreflexiven literarischen Texten bewusst Mehrdeutigkeiten, Widersprüche, Leerstellen und Vermutungen. Dabei ist Cercas auf beiden Gebieten nicht unumstritten. Im Hinblick auf seine literarischen Texte ist ihm genau das, was viele an ihnen schätzen, von anderen vorgeworfen worden: die Grenze zwischen Realität und Fiktion ...