Nation: | Island |
Von Swantje Marschhäuser
EinführungDas literarische Leben auf Island war bis in das 20. Jahrhundert hinein stark an seine Literaturtradition aus dem Mittelalter gebunden. Neue Strömungen hatten es auf der 270.000 Einwohner (1995) zählenden Insel am Rande Europas immer schwerer als auf dem europäischen Kontinent und wurden erst verzögert adaptiert, häufig in abgeschwächter oder moderater Form. Das gilt für die literarischen Strömungen des Barock ebenso wie für die der Aufklärung oder der Romantik.
Die Tradition, auf die sich Generationen isländischer Schriftsteller beriefen, ist die der im 12. und 13. Jahrhundert schriftlich niedergelegten Sagas, der Edda und der Skaldendichtung. Während die Sagaliteratur von isländischen Helden, Familien und Bischöfen in episch-realistischer Prosaform berichtet, sind Edda und Skaldik Versdichtung mit jeweils eigener, verhältnismäßig komplizierter Metrik, Diktion und Bildsprache.
Der Aufbau der Sagas ist recht monoton, die Sprache einfach und herb. Ihre wichtigsten stilistischen Merkmale sind der Verzicht auf sprachliche Ausschmückung, der kaum in Erscheinung tretende Erzähler, die schnörkellose, oft trockene, auf das Wesentliche reduzierte Erzählkunst und die Fortführung der Handlung durch den Dialog ähnlich wie im Drama. Spannung wird durch das wirkungsvolle Einsetzen der Alltagssprache in direkter Rede und durch Tempuswechsel erzeugt.
Versmaß und Gebrauch ...