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Nation: | Italien |
von Jürgen Ritte
In Morsellis Nachlaß fand man eine Mappe mit Briefen an Theologen, Probleme der Religion betreffend. Sie trägt die lakonische Aufschrift: “Fatica inutile. Non rispondono” (Vergebliche Mühe. Keine Antworten). Der Satz kann auch als Epitaph auf ein Leben und Werk gelten, an deren Ende die Erkenntnis stand, daß es nicht nur keine Antworten gibt, sondern auch keine Fragen mehr. 1968, als man allenthalben um Fragen und Antworten nicht verlegen war, notierte Morselli in seinen immer noch nicht veröffentlichten Tagebüchern: “Das Leben bleibt eine prekäre Situation in einem Universum, dessen letzte Bestimmungen Schweigen und Stillstand sind, und das heißt am Nullpunkt, auf unterstem Niveau: Entropie, Kältetod.” In einem solchen Klima wird der Mensch als denkendes Subjekt zu einem bedauerlichen Irrtum der Evolution. Die Natur nimmt ihren Lauf auch ohne ihn, diesen Störfaktor, der einen geschichtlichen Moment lang glaubte, Welt begreifen und meistern zu können. Morselli ließ schließlich keinen Zweifel mehr am Bankrott der Kategorie Mensch als Subjekt der Geschichte, einem Bankrott, der zur gleichen Zeit etwa in Frankreich mit dem Philosophen Jacques Derrida (“Fines Hominis”, 1968) einen prominenten Gläubiger auf den Plan ...