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Nation: | Kirgisistan, Russland |
von Sabine Reese-Blumentrath und Norbert Franz
Stand: 01.03.2005
Čingiz Ajtmatov, Angehöriger eines kleinen mittelasiatischen Volkes, das bis zur Einführung der Schriftsprache 1924 nur eine mündliche literarische Tradition besaß, war in der späten Sowjetzeit (achtziger Jahre) bei den sowjetischen Lesern einer der beliebtesten Autoren, außerhalb des Landes dürfte er wohl der bekannteste „Sowjet-Autor“ gewesen sein.
Schon als Kind hat Ajtmatov durch den Vater Russisch gelernt, während ihm die Großmutter Märchen und Sagen in seiner Muttersprache Kirgisisch erzählte; er beherrschte beide Sprachen gleich gut und schrieb in beiden. Die unterschiedlichen Ausdrucksmöglichkeiten der beiden Sprachen stehen in einem produktiven Spannungsverhältnis. Ajtmatovs literarische Vorbilder waren Dostoevskij, Tolstoj, Čechov und Gorʼkij. Diese russisch-realistische Tradition verknüpfte Ajtmatov mit Themen und Formen der von ihm sehr geliebten kirgisischen Nationalliteratur, die ihren vollkommensten Ausdruck im Manas-Epos gefunden hat, das er als sein „Heiligtum“ und „würdiges Symbol seines Volkes“ bezeichnete. Dieses bis 1885 mündlich tradierte Epos handelt von den ruhmreichen Taten des Helden Manas und seiner 40 Getreuen, die die Unabhängigkeit des kirgisischen Volkes verteidigen. In diesem Epos sind ethische Werte idealisiert, die zwar aus einer feudal-patriarchalischen Gesellschaft ...