Von Tessa Hofmann
Mit dem Lied geh vorsichtig um,
wie mit einer Waffe,
falls das Jahrhundert verworren ist.
Denn aus dem selben Blei gießt man
Kugeln und Drucklettern.
(Geworg Emin)
Dieser Aphorismus eines Lyrikers des 20.Jahrhunderts drückt eine Grunderfahrung aus: Gewalt bestimmte von Anfang an das Schicksal Armeniens und der Armenier, was seit dem 11.Jahrhundert und der Entstehung großer Diasporagemeinden keineswegs identische Begriffe sind. Der historische Siedlungsraum (Armenisches Hochland) erstreckte sich vom Transkaukasus bis nach Mesopotamien, beschränkt sich aber seit 1921 auf die Republik Armenien und die armenische Exklave Arzach (türk. Karabach), beide im östlichen Transkaukasus. Obwohl in einer politischen Krisenregion gelegen, in der Fremdherrschaft, Vertreibung und Vernichtung die Verhältnisse bestimmten, brachte Armenien eine Hochkultur hervor, die seit dem vierten vorchristlichen Jahrhundert hellenistisch beeinflußt war. Das früh aus Kappadokien und Syrien übernommene Christentum verlieh ihr eine dauerhafte Prägung und inspirierte ihre besten Leistungen in der Literatur, Buchmalerei und Architektur.
Sprache und SchriftDer französische Sprachwissenschaftler Antoine Meillet nannte Armenisch zutreffend “eine indoeuropäische Sprache im Munde von Kaukasiern”. Vor allem das Konsonantensystem enthält nicht-indoeuropäische Elemente, die Armenisch mit der churritischen Sprache des urartäischen Vorgängervolkes sowie mit den nördlich benachbarten Georgiern teilt.
Die hier vorgenommene ...