Walter Zimmermann

*  15. April 1949

von Albert Breier

Essay

Als Komponist trat Walter Zimmermann in Erscheinung in einer Zeit allgemeiner musikalischer Unsicherheit. Die Aufbruchseuphorie der unmittelbaren Nachkriegszeit war verflogen. Das Ende der Vorherrschaft des Serialismus hatte eine fühlbare Lücke hinterlassen, die zu schließen einstweilen nicht gelang. Der prägende deutsche Komponist der 1950er- und 1960er-Jahre, Karlheinz Stockhausen, schien in seiner Arbeit, in bemerkenswerter Koinzidenz mit verbreiteten politischen und sozialen Stimmungen, auf einen Nullpunkt hinzusteuern; eine Entwicklung, die ihren musikalischen Abschluss in Stockhausens Textkomposition “Aus den sieben Tagen” vom Mai 1968 fand, ihren gesellschaftlichen in den Pariser Ereignissen desselben Monats. Zu dieser Zeit stand Zimmermann noch ganz am Anfang seiner Karriere, ließ verschiedenste Einflüsse an sich heran, war aber noch nicht in der Lage, im Geschehen der Zeit einen eigenen Standpunkt zu formulieren. Die Kompositionen, die Zimmermann unter dem Titel Frühe Stücke (1965–70) zusammengestellt hat, zeigen dennoch bereits vielfältige Ansätze zu dem, was später Zimmermanns Komponieren bestimmen sollte.

So bezieht sich As a Wife Has a Cow für Klavier zu vier Händen (1970) zwar deutlich auf die Klangwelt der Stockhausen'schen Klavierstücke, der Untertitel Seismographie eines Textes von Gertrude Stein weist jedoch auf Zimmermanns spätere Praxis voraus, literarische Modelle als Grundlage kompositorischer Prozesse ...